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Allianz-Chefanleger: Der 145-Milliarden-Mann

Andreas Gruber ist Chefanleger der Allianz und managt eines der größten Vermögen Deutschlands. Er hat einen klaren Auftrag.

Wenn Mannschaftskollegen aus dem Tischtennisverein, Nachbarn, Freunde oder Verwandte zu Geld kommen, fragen sie Andreas Gruber. Das hat seinen Grund: Der 47-Jährige ist oberster Anlagechef der Allianz Lebensversicherung und managt eines der größten Vermögen in Deutschland. Rund 130 Milliarden Euro verwaltet er allein für die Allianz Leben – Geld, das die Kunden einbezahlt haben. Hinzu kommen noch einmal 15 Milliarden Euro aus der privaten Krankenversicherung, macht zusammen 145 Milliarden. Zum Vergleich: Der gesamte Bundeshaushalt soll im nächsten Jahr 288 Milliarden Euro umfassen.

Täglich investiert der promovierte Wirtschaftsmathematiker zwischen 50 und 100 Millionen Euro neu. Dennoch sucht man im Investment Management der größten deutschen Lebensversicherung vergeblich nach Händlern, die gebannt vor ihren Computern sitzen und in Sekundenschnelle Anlageentscheidungen treffen. „Wir legen die Strategie fest“, sagt Gruber. Die eigentlichen Käufe und Verkäufe werden über Externe, etwa über Fonds, abgewickelt.

Rund 30 Menschen arbeiten für Gruber, Mathematiker, Ökonomen, aber auch Physiker. Dass hinter den Schreibtischen hochspezialisierte Leute sitzen, vermutet man auf den ersten Blick nicht. Die Investmentabteilung hat so gar keine Ähnlichkeit mit den Handelsräumen der großen Banken, sie erinnert vielmehr an Finanzämter aus den 70er Jahren. Die Arbeitsplätze sind mit grauen, schmucklosen Stellwänden voneinander getrennt, man läuft auf Auslegware. Repräsentativ ist das nicht.

Das gilt auch für das Büro des Chefs. „Ich bin ein nüchterner Mensch“, sagt Gruber über sich. Ein Schreibtisch, ein kleiner Konferenztisch, ein Computer – auf dem Schrank steht ein Schiffsmodell. „Daran hatten wir früher mal eine Beteiligung“, erzählt Gruber. Für Schiffe interessiert er sich eigentlich nicht. Nur dann, wenn sein Unternehmen dort investiert. Wie etwa bei der Fährgesellschaft Scandlines, die Deutschland mit Dänemark und Schweden verbindet.

Wenn Gruber und sein Team Geld anlegen, kaufen sie meist festverzinsliche Wertpapiere. Sichere Anlagen, die dafür sorgen, dass der Versicherer seine Garantieversprechen, die er den Kunden gegeben hat, stets und jederzeit erfüllen kann. 2,25 Prozent Zinsen bekommt jeder Verbraucher garantiert, wenn er eine neue Lebensversicherung abschließt. Bei Verträgen aus den 90er Jahren liegt der Garantiezins sogar bei vier Prozent. Diesen Zins muss Gruber an den Finanzmärkten erwirtschaften. Mindestens. Tatsächlich müssen er und seine Leute aber einiges mehr herausholen. Denn über den Garantiezins hinaus zahlen die Versicherer Überschussbeteiligungen. Zudem müssen die Kunden jetzt auch anteilig an den stillen Reserven beteiligt werden.

Das hat Konsequenzen für die Geldanlage. Zwar wird der Großteil des Kapitals sicher angelegt – in Pfandbriefen und Staatsanleihen. Doch um eine höhere Rendite zu erwirtschaften, kauft Gruber auch Unternehmensanleihen und Aktien. Rund 15 Prozent des Anlagevermögens stecken derzeit in Aktien, fast doppelt so viel wie in der Branche üblich. An rund zehn Firmen ist die Allianz zudem direkt beteiligt, über Fonds hat der Finanzkonzern außerdem Beteiligungen an weiteren rund 1000 Unternehmen. Auch ABS, verbriefte Kreditforderungen, hat die Versicherung in ihrem Portfolio. Die gibt es seit der Finanzkrise in den USA billig. Man kaufe aber nur erstklassige Papiere, betont Gruber. Die aktuelle Finanzkrise, die sinkenden Kurse an den Börsen, schrecken den Chefanleger nicht. Im Gegenteil – langfristig orientierte Investoren könnten nun ganz langsam wieder ans Kaufen denken. Nur einmal sind Gruber und seine Leute nervös geworden – bei den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001. Die bange Frage damals: Was passiert mit den Märkten?

Beruf und Familie trennt der fünfköpfige Familienvater sonst streng. Fotos von Frau und Kindern sucht man im Büro vergeblich. Aber dafür stürzt er morgens nach dem Aufstehen auch nicht an den Computer, um sich die Börsenkurse aus Tokio oder Hongkong anzuschauen. Stattdessen macht er Liegestütze. 40 schafft er inzwischen am Stück. Zehn waren es am Anfang, weniger als der 17-jährige Sohn hinbekommen hatte. Das hat ihn gewurmt. „Ich bin nicht übermäßig ehrgeizig“, meint Gruber, doch körperliche Fitness ist ihm wichtig. Auch dass er im Tischtennis in der Landesliga der Herren und nicht der Senioren spielt, wie er es von seinem Alter her dürfte, macht den Hobbysportler stolz. Überhaupt: Gruber liebt es bescheiden. Er und seine Familie wohnen in einem Dorf im Schwäbischen, Urlaub machen sie auf dem Campingplatz in Schweden.

Finanzhaie oder Börsengurus sehen anders aus. Doch all das will Gruber auch gar nicht sein. „Bei der Geldanlage landet man in 60 Prozent der Fälle einen Treffer“, sagt er. Das heißt: 40 Prozent der Anlagen enden mit einem Verlust. „Jeder, der sagt, dass er eine höhere Trefferquote hat, ist ein Scharlatan“, meint Gruber. Dass er im vergangenen Jahr trotzdem eine Rendite von 5,3 Prozent erzielt hat, liegt an der Vielzahl der Einzelanlagen. „Wenn man viele kleine Wetten abschließt, gleichen sich Fehler aus“, weiß Gruber. Und was empfiehlt der Profianleger seinen Bekannten und Verwandten? Natürlich Allianz-Produkte. Für kürzere Investments das Festgelddepot, für längere Anlagen die Lebensversicherung. Wer damit nicht zufrieden ist, hat zumindest einen Trost: Er kann sich dann beim Chef direkt beschweren.

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