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Allianz: "Die Mitarbeiter im Osten sind flexibler“

Der Stellenabbau geht bei der Allianz schneller als erwartet. Aber die Mitarbeiter aus dem Westen wollen nicht umziehen, bedauert Michael Beckord, Leiter des Dienstleistungsgebietes Nordost. Deshalb hat der Konzern bereits neue Pläne geschmiedet.

Der Stellenabbau bei der Allianz kommt schneller voran als erwartet. Wie Personalvorstand Ulrich Schumacher am Donnerstagabend berichtete, gibt es bereits Ausscheidevereinbarungen für 4400 Vollzeitstellen. „Dies entspricht fast 80 Prozent der abzubauenden Stellen“, sagte Schumacher. 3000 Stellen fallen schon zum Ende dieses Jahres weg.

Der größte deutsche Versicherungskonzern will bis Ende 2009 insgesamt 5700 Vollzeitstellen abbauen und das Versicherungsgeschäft komplett umstrukturieren. Standorte sollen geschlossen und Arbeitsabläufe effizienter werden.

Das beginnt bereits bei der Kontaktaufnahme: Kunden, Vertreter und Makler werden künftig einheitlich und spartenübergreifend betreut. Das geschieht in Berlin und Leipzig. Telefonische Anfragen werden im Callcenter in Leipzig gebündelt, Briefe, Mails und Faxe werden im neuen Posteingangszentrum (PEZ) in Berlin entgegengenommen, gescannt und elektronisch an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet. Seit August läuft die Pilotphase, die zunächst auf die neuen Bundesländer und Berlin beschränkt ist. Ende 2008 sollen das Callcenter in Leipzig und das PEZ das gesamte Bundesgebiet betreuen.

Auf die mehr als 400 Mitarbeiter, die im PEZ arbeiten, kommt dann eine Menge Arbeit zu. „Pro Jahr müssen knapp 40 Millionen Briefe, Faxe und E-Mails verarbeitet werden“, sagt Christof Mascher, der im Allianz-Vorstand für die Neuorganisation zuständig ist. Mascher räumte ein, dass es Startprobleme gegeben habe, diese seien aber weitgehend behoben.

Im Konzern denkt man bereits weiter. Ende 2009 könne man darüber nachdenken, auch die Tochter Dresdner Bank in das EDV-System zu integrieren. „Wir werden das zur Diskussion stellen“, sagte Mascher. Dann würden Versicherung und Geldanlage noch besser miteinander verzahnt werden.

Die Entscheidung, das PEZ in Berlin anzusiedeln, sei eine „Leuchtturmentscheidung“ für Berlin, lobte Eric Schweitzer, Präsident der Industrie- und Handelskammer in Berlin. Die Allianz hatte sich für Berlin entschieden, weil Personal- und Raumkosten vergleichsweise niedrig sind, es in Berlin Erfahrung und Know-how aus allen Versicherungssparten gibt und die Beschäftigten „fundierte Erfahrung mit einer umfangreichen Neuordnung haben“, betont Thomas Neugebauer, der das PEZ leitet. Nach der Wende hatte die Allianz die Staatliche Versicherung der DDR übernommen und das Versicherungsgeschäft schon einmal auf neue Füße gestellt.

„Die Mitarbeiter im Osten sind flexibler“, betont auch Michael Beckord, der das Dienstleistungsgebiet Nordost leitet. Während bereits 60 Beschäftigte von Leipzig nach Berlin umgezogen seien, halte sich der Umzug von West nach Ost in Grenzen. Trotz des massiven Stellenabbaus im Westen sind nach Angaben Beckords bisher nur 30 Mitarbeiter aus den alten Ländern nach Berlin und weitere 20 nach Leipzig gegangen.

„Wenig Bereitschaft zur Veränderung“, bemängelt auch Personalvorstand Schumacher. Statt sich einen Job im Osten zu suchen, gehen die Mitarbeiter lieber in Altersteilzeit und Vorruhestand. Oder sie nehmen die angebotenen Abfindungen und gehen. Wer sich noch in diesem Jahr entscheidet, bekommt zusätzlich zu den normalen Abfindungen noch eine Prämie. Bis zu fünf Monatsgehälter sind als „Sprinterprämie“ drin, maximal zahlt die Allianz 250.000 Euro.

Knapp 1800 Mitarbeiter haben sich für die Abfindungen entschieden. Einige sind zur Konkurrenz gegangen, andere haben sich ein neues, aufregenderes Leben aufgebaut. Aus Versicherungskaufleuten wurden Hubschrauberpiloten, Delfin-Trainer oder Entwicklungshelfer. Ein Ex-Innendienstmitarbeiter ist jetzt Wirt. Er betreibt einen bayerischen Biergarten in Neuseeland.

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