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undum geschützt: Jeder Kunde hat andere Bedürfnisse und Wünsche. Die Versicherer müssen sich darauf einstellen.

© Jakub Jirsk - Fotolia

Allianz in Berlin: Versicherungsberatung per Videochat

Der Konzern macht sich in Berlin fit für die digitale Zeit. Kunden können online Termine verabreden und sich im Videochat beraten lassen.

Die digitale Zukunft würde man in dieser Gegend nicht vermuten, hier in der Rosenfelder Straße neben dem Nagelstudio und dem Billig-Teppichreinigungsgeschäft. Gegenüber ist eine Spielhalle, wenige Meter entfernt schlägt die sechsspurige Frankfurter Allee eine breite Schneise durch Lichtenberg. Wer es dennoch auf die andere Straßenseite schafft, kann in der vietnamesischen Cocktailbar einkehren oder beim Möbeldiscounter billige Sessel ergattern.

Hier, wo Lichtenberg noch an den Wunden der Wende leidet, bricht Stefan Teetz in die digitale Zukunft auf. Mit seiner Allianz-Agentur testet er, wie man Versicherungskunden heutzutage zeitgemäß anspricht. 335 Filialen hat Deutschlands größter Versicherungskonzern in Berlin. Handy und Computer sind in allen angekommen. Doch Teetz geht einen großen Schritt weiter: Er will seine Kunden online ansprechen und beraten. Wer möchte, kann nicht nur per Internet einen Termin mit dem Versicherungskaufmann vereinbaren, sondern auch das Beratungsgespräch selbst via Videokonferenz von zu Hause oder vom Büro aus führen. Per Checkliste werden dann peu à peu die wichtigsten Punkte abgehandelt, am Ende bekommt der Kunde ein Beratungsprotokoll.

Teetz ist von der neuen Technik begeistert. Der 31-Jährige ist mit Smartphone und Tablet aufgewachsen. Seit 2008 arbeitet er für die Allianz, seit drei Jahren ist er mit seiner Agentur selbstständig – und will weiterkommen. Teetz kennt sich mit neuen Technologien aus. Er weiß, wie er seine Agentur bei der Google-Suche ganz nach vorne bringt. Er ist bei Facebook und bei Xing. Nun soll der Agenturchef das neue Denken auch seinen Kollegen nahebringen. Die Agentur Teetz ist eine der Testfilialen, in denen die Allianz die Versicherungsberatung der Zukunft ausprobiert.

Kollegen: Stefan Teetz (links) leitet eine Agentur in Lichtenberg, die bereits heute online arbeitet, Martin Burg ist Chef der Allianz im Norden Deutschlands.
Kollegen: Stefan Teetz (links) leitet eine Agentur in Lichtenberg, die bereits heute online arbeitet, Martin Burg ist Chef der Allianz im Norden Deutschlands.

© Heike Jahberg

„Wir wollen first mover im Versicherungsbereich sein“, sagt Martin Burg. Die Allianz will nicht nachziehen, sondern vorne sein und damit Maßstäbe in der digitalen Versicherungsberatung setzen. Mit Blick auf die Kunden und die Mitarbeiter. „So machen wir unsere Ausschließlichkeitsorganisation wetterfest“, meint Burg.

2775 Menschen arbeiten in Berlin für die Allianz

Mit seinen 55 Jahren ist der Manager nicht gerade ein Digital Native. In der Allianz Deutschland ist er aber ein wichtiger Mann. Die Versicherung hat ihr Geschäftsgebiet geografisch in einen Nord- und einen Südbereich unterteilt. Burg leitet das Betriebsgebiet Nord. Es reicht von der Küste bis nach Leipzig, Halle und Köln, mittendrin: Berlin und Brandenburg. Für gut 10 500 festangestellte Mitarbeiter trägt der Nord-Chef Verantwortung, davon arbeiten 2775 in Berlin.

Agenturen stehen unter Druck

Die Digitalisierung soll die Versicherung und die Arbeitsplätze zukunftsfest machen. Denn die klassischen Agenturen stehen unter dem Druck des Internets. Direktversicherungen können günstigere Tarife anbieten als die Unternehmen, die einen eigenen Vertrieb unterhalten. Mit Allsecur hat auch die Allianz eine eigene Direktversicherungstochter. „Fast alle unsere Kunden sind intensiv im Internet unterwegs“, berichtet Burg. Nicht nur die Kunden der Allianz. Deshalb arbeiten alle Versicherungen an Digitalisierungsstrategien. Denn immer mehr Verbraucher informieren sich auf Internetportalen über Versicherungsbedingungen und -preise, viele Menschen legen zudem Wert auf eine Beratung, die sich ihrem Lebens- und Zeitrhythmus anpasst.

Erst surfen und dann beim Vertreter abschließen

Dennoch glaubt der Berlin-Repräsentant an die Zukunft der Agenturen. „Den Vertrag schließen die Kunden dann doch vor Ort ab“, weiß er. Teetz kann das bestätigen. Die Kunden sind zwar digital, wollen aber auf einen Ansprechpartner aus Fleisch und Blut nicht verzichten, sagt der Agenturchef.

Mit seinen Online-Angeboten kann er nicht nur Interessenten zeitnah beraten, er kann auch Kunden halten, die zwar Berlin verlassen, aber bei ihm bleiben wollen. Wichtig ist ihm besonders die anschließende Bewertung durch die Kundschaft. „Ich brenne dafür“, sagt Teetz. Mit einer Note von 4,9 von fünf möglichen Sternen ist das auch kein Wunder. Zwar will die Allianz keine Agentur zwingen, sich bewerten zu lassen, aber für wünschenswert hält man das Kundenrating schon. Um Agenturen zu motivieren, Online-Termine und -Beratung anzubieten, setzt Burg auf Schulung. Schritt für Schritt werden die Agenturmitarbeiter fit gemacht, in eineinhalb Jahren sollen alle Berliner Agenturen digital sein. Sie sollen on- und offline beraten können, je nach Kundenwunsch.

In Berlin laufen die Geschäfte nicht schlecht

In Berlin laufen die Geschäfte nicht schlecht. Im vergangenen Jahr sind die Beitragseinnahmen zwar um 2,4 Prozent auf 1,037 Milliarden Euro gesunken, doch liegt das vor allem am wegbrechenden Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung, sagt Burg. Die Zahl der Lebensversicherungsverträge ist dagegen mit 406 000 stabil geblieben, die Beitragseinnahmen in der Sachversicherung sind um 4,8 Prozent auf 427 Millionen Euro gestiegen. Im Neugeschäft blieb die Allianz in Berlin allerdings um 3,4 Prozent hinter dem Vorjahr zurück. Etwa jeder vierte Berliner ist bei der Allianz versichert. Der Branchenprimus hatte nach der Wende die staatliche Versicherung der DDR übernommen, viele der alten Verträge laufen noch heute. In Brandenburg ist das Erbe der DDR noch deutlicher spürbar: 40 Prozent der Einwohner sind Kunden der Allianz.

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