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Wirtschaft: Allianz Leben hält ihre Kunden knapp

Der Versicherer schließt eine weitere Kürzung der Überschussbeteiligung nicht aus, wenn die Zinsen weiter sinken

Stuttgart (ajo/fw/HB). Die Kunden der Lebensversicherer müssen sich auf eine weitere Kürzung ihrer Gewinnbeteiligungen einstellen, wenn das Zinsniveau auf Dauer niedrig bleiben sollte. Gerhard Rupprecht, Chef der Allianz Lebensversicherung, sagte im Gespräch mit dem „Handelsblatt“, wenn das Zinsniveau niedrig bleibe und am Jahresende für die kommenden drei bis vier Jahre keine Erholung abzusehen sei, werde sein Unternehmen voraussichtlich den Zinssatz für die Überschussbeteiligung senken. Die Entscheidung hierüber solle Ende des Jahres fallen, sagte Rupprecht.

Der Zinssatz für die Überschussbeteiligung ist maßgeblich dafür, wie viel die Versicherten am Ende der Laufzeit tatsächlich ausgezahlt bekommen. Die Allianz hatte im Herbst 2002 diesen Zinssatz bereits von 6,8 Prozent auf 5,3 Prozent herabgestuft. Auch bei der Debeka steht für das kommende Jahr eine Absenkung an. Nach Aussage von DebekaChef Uwe Laue wird der Satz von derzeit 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent oder knapp darunter sinken.

Rupprecht äußerte sich skeptisch zu weiteren Erleichterungen bei der Bilanzierung für seine Branche. „Ich würde kein Verfahren mittragen, dass zu den geringsten Zweifeln an der Solidität führt“, sagte er. Die Versicherer hatten 2002 durchgesetzt, dass sie bei Kursverlusten ihrer Aktien nicht sofort Abschreibungen vornehmen müssen. Bernd Michaels, der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, hatte weitere Erleichterungen angeregt, war dabei aber auf Widerspruch der Finanzaufsicht gestoßen.

Allianz-Chef Rupprecht sieht für die Lebensversicherer insgesamt gute Rahmenbedingungen. „Die langfristige Profitabilität der Branche hat sich nicht verschlechtert“, sagte er. Seine Einschätzung wird von externen Experten mit Einschränkung geteilt. Arne Jockusch, Analyst bei Merck Finck, befürchtet anhaltenden Druck auf die Margen, wenn die Zinsen weiter niedrig blieben.

Kopfschmerzen bereitet dem Allianz-Chef allerdings „die zunehmende Regulierungstendenz" für die Altersvorsorge. Als Beispiel nennt er die Riester-Rente: „Da hat man eine hervorragende Idee stark behindert.“ Auch in der Rürup-Kommission zur Rentenproblematik erkennt er eine gewisse Regulierungswut. Ihre Grundausrichtung auf eine nachgelagerte Besteuerung – erst bei Auszahlung – hält er für richtig. Seiner Meinung nach sollte sie aber nicht auf alle Vorsorgeprodukte angewendet werden – allein schon, um die Finanzierungslücke für den Staat einzugrenzen. „Außerdem muss es Elemente in der Vorsorge geben, die es erlauben, Kapital zu bilden“, betont er und wendet sich damit gegen Vorschläge, wonach nur noch Produkte mit einer Rentenzahlung begünstigt werden sollen. Er hofft, dass die bisherige Besteuerung der Lebensversicherung erhalten bleibt.

Rupprecht begrüßt die vorgeschlagene Absenkung des Garantiezinses für neu abgeschlossene Lebensversicherungen von 3,25 auf 2,75 Prozent. Er würde als Umstellungszeitpunkt Mitte 2004 bevorzugen, käme aber auch mit dem Stichtag Anfang 2004 klar. Einen Verkaufsboom durch Kunden, die noch die alte Regelung mitnehmen möchten, erwartet er nicht: „Ich rechne mit keinerlei Vorzieheffekten.“ Seiner Ansicht nach kann die Branche die Garantiezinsen, die wegen weiterlaufender älterer Verträge durchschnittlich bei rund 3,5 Prozent liegen, problemlos erwirtschaften. Er befürchtet daher – außer den bereits bekannten Fällen – keine großen Schieflagen mehr in der Branche.

Viele Experten erwarten für die Lebensversicherer eher eine geräuschlose Bereinigung, bei der die starken Anbieter Marktanteile aufsaugen. Oliver Bäte, Partner bei McKinsey, sagt: „Die laufende Konsolidierung im Neugeschäft wird weiter fortschreiten. Bereits im Jahr 2002 ist der Neugeschäftsmarktanteil der Top-5-Lebensversicherungsgruppen um sechs Prozent-Punkte angestiegen.“

Von der Kapitalanlage erwartet Allianz-Chef Rupprecht keine größeren Probleme mehr. Die Allianz Leben hat eine Aktienquote von zwölf Prozent. „Ich fühle mich sehr komfortabel damit“, betont ihr Chef. Sein Unternehmen überprüfe die Quote laufend mit internen Szenario-Rechnungen, die weit ausgefeilter seien als die von der Finanzaufsicht vorgeschriebene Methode.

Ein immer wichtigeres Thema für ihn werden Unternehmensanleihen (siehe Lexikon, Seite 22), deren Anteil zwischen sechs und sieben Prozent liegt. Sie ermöglichen, die Rendite gegenüber reinen Staatspapieren aufzubessern und das Risiko regional weit zu streuen, weil es auch außereuropäische Emittenten von Euro-Anleihen gibt.

Mit dem Beitrag der Dresdner Bank zum Neugeschäft, der bei etwa zwölf Prozent liegt, ist Rupprecht noch immer nicht zufrieden. „Die Produktivität der Filialen wird noch zunehmen“, sagt er diplomatisch. Man komme sich aber näher kommen, im Geschäft genauso wie auf Betriebsfesten. Rupprecht: „Die gewisse Fremdheit zwischen Bank- und Versicherungsleuten hat sich weitgehend abgebaut.“

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