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Saubere Arbeit. Es ist inzwischen ganz leicht, eine Putzhilfe anzumelden.

© picture-alliance / dpa/dpaweb

Alltäglicher Steuerbetrug: Keine Ausreden für die Schwarzarbeit von Putzhilfen

Jeder zehnte Euro fließt am Fiskus vorbei. Das sind insgesamt 330 Milliarden Euro. Ein Teil des Problems ist der Fiskus selbst. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Kevin P. Hoffmann

Schwarzarbeit ist asozial. Das kann man so klar sagen, wenn der Zusammenhang so groß wie bestechend einfach ist: Wer von dem Geld, das er für eine gelieferte Ware oder erbrachte Dienstleistung erhält, nicht den vorgeschriebenen Anteil über das Finanzamt abführt, greift quasi seinem ehrlichen Nachbarn in die Tasche. Und er verwirkt das Recht, sich über Schlaglöcher, zu wenig Polizei, schlechte Pflege in Kliniken und Heimen zu beklagen.

Das gilt übrigens auch für das Meckern über schlechte Dienstleistungen, die Länder und Kommunen erbringen, obwohl man mit Schwarzarbeit ja Bundessteuern hinterzieht. Über Umwege fließen diese Mittel ja nicht nur zur Bundeswehr, sondern über Länder und Kommunen auch zurück zu uns Bürgern – auch zum Wohle der nicht korrekt Steuerzahlenden.

Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen und die Universität Linz untersuchen das Phänomen Schattenwirtschaft seit 1995. Ihrer Analyse zufolge schrumpft dieser Sektor langsam aber stetig – unter anderem, weil sich immer mehr Menschen in regulär versteuerten Beschäftigungsverhältnissen befinden. Das klingt nach Entwarnung, ist aber keine. Denn die Dimensionen sind noch immer gewaltig groß: Die Schattenwirtschaft hat einen Anteil von 10,4 Prozent an der gesamten Volkswirtschaft. Das heißt, etwa jeder zehnte Euro fließt am Fiskus vorbei; der Sektor hat ein Volumen von 330 Milliarden Euro.

Machen wir es den Griechen nach! Mit Fortschritten

Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung beschlossen, über fünf Jahre insgesamt 600 Millionen Euro als Anreiz für Käufer von Elektrofahrzeugen auszuschütten. Ein Förderprogramm für Tesla-Fahrer auf Steuerzahlerkosten? Da war die Empörung groß. Beim Thema Schattenwirtschaft müsste der Aufschrei demnach 2750 mal so laut sein. Ist er aber nicht, denn dieses Land hat sich damit arrangiert. „Hat denn nicht jeder schon mal...?“ Und: „Schaut mal nach Griechenland!“

Stimmt: Dort fließen laut Schätzungen sogar 25 Prozent des Inlandsproduktes am Fiskus vorbei. Griechenlands Bürger haben zuletzt aber offenbar mehr Geld nach Athen abgeführt – oder abführen müssen. Machen wir es den Griechen nach, machen auch wir Fortschritte! Mit erhobenen Zeigefingern kommt man nicht weit genug. Die Alternativen: Mehr und schärfere Kontrollen und härtere Strafen? Kostet viel und bringt wohl wenig. Lieber weniger Steuern erheben in der Hoffnung, dass jemand für einen Vorteil von zwei Euro die Stunde nicht mehr den Staat betrügt? Das wäre naiv. Und der im Finanzministerium beliebte Vorschlag: Bargeld abschaffen? Nein danke, Überwachungsstaat.

Der Staat nötigt seine Bürger fast zum Rechtsbruch

Die Regierung sollte die kalte Progression radikal abbauen. Bisher zahlen viele Arbeitnehmer auf das Geld für einen Zweitjob eine empörend hohe Steuerlast. Hier nötigt der Staat seine Bürger fast zum Rechtsbruch. Auch Amnestie-Projekte könnte man verstärken: Wer seine Putzhilfe anmeldet, dem wird Schuld erlassen. Noch effektiver ist womöglich die Wirtschaft selbst: Neue Vermittlungsplattformen machen es kinderleicht, Reinigungskräfte, Handwerker und Babysitter legal anzumelden – und zu versichern. Die Ausrede, legal sei zu kompliziert, gilt nicht mehr.

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