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Wirtschaft: Alterspyramide: Die Deutschen leben länger und werden weniger

Die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen wird in den kommenden 50 Jahren drastisch sinken. Zudem wird der Anteil der Rentner spürbar zunehmen.

Die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen wird in den kommenden 50 Jahren drastisch sinken. Zudem wird der Anteil der Rentner spürbar zunehmen. Für Politiker und Tarifpartner werden diese Prognosen des Statistischen Bundesamtes nicht ohne Folgen bleiben: Der Druck, die sozialen Sicherungssysteme nachhaltig zu reformieren und die deutschen Grenzen für ausländische Arbeitnehmer zu öffnen, wird zunehmen, sagen Experten.

Das anhaltende Geburtendefizit wird den Wirtschaftsstandort Deutschland in den kommenden Jahrzehnten vor weit größere Probleme stellen als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Bundesamt, dessen Präsident Johann Hahlen am Mittwoch Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung bis 2050 vorgelegt hat. Danach wird die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen bis zum Jahr 2050 selbst bei einer hohen Zuwanderung aus dem Ausland drastisch sinken. Die Bevölkerung wird von derzeit rund 82 Millionen auf dann 65 bis 70 Millionen Einwohner schrumpfen, errechneten die Statistiker. Bei dieser Berechnung wird davon ausgegangen, dass jährlich 100 000 bis 200 000 Menschen mehr nach Deutschland zu- als auswandern. Auch die Altersstruktur werde sich "dramatisch ändern", sagte Hahlen. Auf 100 Personen im Erwerbsalter kommen dann 75 bis 80 Menschen im Rentenalter ab 60 Jahren statt heute etwa 40.

Die Ergebnisse der Bevölkerungsvorausberechnung bis zum Jahr 2050 ist nach Meinung der Statistiker eine "Herausforderung für eine nachhaltige Politik". Denn eine sinkende Bevölkerungszahl und die zunehmende Alterung der Gesellschaft haben gravierende Folgen unter anderem für die Sozialversicherungen, den Arbeitsmarkt oder die Steuerpolitik.

Der Präsident des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts (HWWA), Thomas Straubhaar, prognostizierte den deutschen Umlagesystemen der Sozialversicherung am Mittwoch "unheimliche Finanzierungsprobleme". Weil in Zukunft immer weniger Arbeitnehmer für immer mehr Rentner aufkommen müssen, forderte Straubhaar von der Politik "größere Ernsthaftigkeit" bei den anstehenden Reformen. Es sei ein Trugschluss, die Deutschen in dem Glauben zu lassen, dass ihre Lebensarbeitszeit in Zukunft gleichbleibend oder gar kürzer werde, sagte Straubhaar am Mittwoch dem Tagesspiegel. Das Gegenteil sei zu erwarten: "Die Deutschen müssen sich darauf einstellen, künftig erst mit 70 Jahren in Rente gehen zu können." Zudem appellierte Straubhaar an die Bundesregierung, "sehr schnell" ein Einwanderungsgesetz zu verabschieden. Die europäischen Nachbarländer, die vor ähnlichen demographischen Schwierigkeiten stünden, würden sich dem Zuzug von ausländischen Arbeitskräften mit Nachdruck widmen. "Jede Verzögerung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland", warnte der Wirtschaftswissenschaftler.

Auch der Arbeitsmarktexperte des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, Hilmar Schneider, sieht eine "Zeitbombe auf dem Arbeitsmarkt". Die demographische Entwicklung werde den Faktor Arbeit in Deutschland "gefährlich verteuern" und den Standort im internationalen Vergleich zurückwerfen. Nur eine nachhaltige Reform des Rentensystems und die "Öffnung der Arbeitsmarktgrenzen" könne dies verhindern: "Die im Herbst anstehende Rentenreform kann nur ein erster Schritt sein." Mittelfristig werde man nicht umhin kommen, das Rentenniveau der Deutschen zu beschneiden. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) drängt auf ein Beschleunigung des Reformtempos. BDA-Experte Christoph Kannengießer forderte von der Bundesregierung, "viel konsequenter als bisher" für die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte auf den deutschen Arbeitsmarkt einzutreten.

asi

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