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Wirtschaft: Amazon räumt die Regale um

Bücher reichen nicht mehr – und digital ist teuer.

New York/München/Berlin – Niemand kauft mehr Bücher. Das jedenfalls könnte meinen, wer einen Blick in die aktuelle Vierteljahresbilanz des Online-Händlers Amazon wirft. Die zehn meistverkauften Produkte seien digitale Produkte gewesen, teilte das US-Unternehmen mit. Allen voran der Tablet-Computer Kindle Fire. Verwunderlich ist das nicht, da Amazon das Gerät hoch subventioniert, um es in den hart umkämpften Markt mobiler Kleinrechner zu drücken – wo sich neben Apple mit dem iPad inzwischen auch Samsung ordentlich breitgemacht hat.

Bücher zum Anfassen werden natürlich auch noch gekauft, den Strategiewechsel weg vom reinen Buch- und CD-Händler hin zum Medienhaus mit angeschlossener Mode- und Gemischtwarenabteilung hat Amazon aber schon vor Jahren begonnen und vollzieht ihn mit gleichbleibender Geschwindigkeit. „Wir investieren in den Ausbau von digitalem Content, in die Hardware für digitalen Content und wir investieren in die Infrastruktur“, sagte Deutschland-Geschäftsführer Ralf Kleber am Freitag. Das kostet Geld. So schrumpfte der Nettogewinn aus dem operativen Geschäft von 191 Millionen Dollar im Vorjahresquartal auf sieben Millionen Dollar (5,7 Millionen Euro) in den vergangenen drei Monaten. Der Umsatz legte im gleichen Zeitraum hingegen um 29 Prozent auf 12,83 Milliarden Dollar zu.

Wohin genau das Geld im zweiten Quartal gegangen ist, schlüsselte Amazon nicht auf. Das Unternehmen sprach aber von einem Verlust von 65 Millionen Dollar aus dem 775 Millionen Dollar schweren Kauf von Kiva Systems, eines Spezialisten für Lagerhallen-Automatisierung. Außerdem investiert das Kaufhaus in Filme und TV-Serien, Spiele, Musik und Apps. Damit konkurriert der Konzern immer stärker auch mit Apple oder Google. Zudem entstehen weltweit im laufenden Jahr 18 neue Logistikzentren. In Deutschland kommen neue Versandzentren in Koblenz und Pforzheim hinzu. Dort sollen jeweils 1000 Mitarbeiter eingestellt werden. Mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft würden hierzulande rund 20 000 Saisonarbeitskräfte benötigt – doppelt so viel wie 2011. Amazon hat weltweit 180 Millionen Kunden. Deutschland gehört zu den größten Märkten nach den USA.

Gewinn und Umsatz verfehlten die Analysten-Erwartungen. Für das laufende Quartal rechnet Amazon mit einem operativen Verlust von 50 bis 350 Millionen Dollar. Auch das liegt unter den Erwartungen. Anders als bei Facebook, das seinen Quartalsverlust ebenfalls mit Investitionen in Produkte und Zukäufe rechtfertigte, straften die Anleger Amazon aber nicht ab. Die Aktie schoss am Freitag mehr als sieben Prozent nach oben – während sich Facebook-Papiere zwischenzeitlich um mehr als 15 Prozent verbilligten. sf/dpa

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