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Wirtschaft: Analysten raten Anlegern zur Vorsicht

Viele Experten empfehlen einen hohen Rentenanteil im Depot und schlagen eine Beimischung von Gold- und Immobilienwerten vor

Frankfurt (Main) (qdt/HB). Ein gebranntes Kind scheut das Feuer, sagt ein Sprichwort. Mit Aktien haben sich viele Anleger im Jahr 2002 tatsächlich die Finger verbrannt. Das gilt auch für Analysten und Bankstrategen; sie betonen jetzt zwar, dass Aktien langfristig weiterhin eine gute Rendite versprechen – doch es fällt auf, dass die Experten nun stärker auf Sicherheit im Depot setzen. Sie raten zum Beispiel zu Gold oder offenen Immobilienfonds – jedenfalls zu Anlagen, die von Kursschwankungen an den Aktienbörsen möglichst wenig betroffen sind. Auffallend sind auch die hohen Rentenanteile – oft 60 Prozent – in den Musterdepots.

Das wird auch an den Depotempfehlungen der Credit Suisse und der Commerzbank deutlich, die sich an eher konservative Anleger richten (siehe Grafik). Die Berenberg Bank rät ebenfalls dazu, 60 Prozent des Depots in Renten zu investieren – allerdings inklusive Immobilien. Dabei stellt für viele Rentenexperten der Euroraum den klaren Schwerpunkt dar.

Stefan Keitel, Leiter des Portfoliomanagements bei der Credit Suisse (Deutschland) AG, nennt die beiden Hauptgründe dafür: Zum einen entfällt das Währungsrisiko für den Anleger aus dieser Region, zum anderen sei in Europa mehr Zinssenkungsspielraum als in den USA gegeben – und sinkende Zinsen bedeuten bekanntlich steigende Bondkurse.

Allerdings rechnen manche Beobachter nur noch mit einer Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) und dann mit Erhöhungen, was der Markt frühzeitig einpreisen dürfte. Das hieße für Anleger: Hände weg von langen Laufzeiten, Konzentration auf Kurzläufer. DWSDachfonds-Managerin Barbara Rega: „Bei Laufzeiten bis zu einem Jahr können Investoren zugreifen.“ Peter Knacke, Wertpapierstratege für Privatanleger bei der Commerzbank, empfiehlt drei- bis fünfjährige Laufzeiten und rät, zu 80 Prozent im Euroraum anzulegen. Indessen hält Christoph Hott, Leiter Investmentstrategie Privatkunden beim Bankhaus Sal. Oppenheim, kurze ebenso wie mittlere Laufzeiten für attraktiv.

Chancen in Osteuropa

Nach Hotts Meinung sollten Anleger vor allem auf Bundesanleihen und Pfandbriefe setzen. Zudem empfiehlt er mit jeweils zehn Prozent des Rententanteils ein Engagement in osteuropäischen Konvergenzstaaten – also Länder, die von einer Aufnahme in die europäische Währungsunion profitieren – und in hochverzinsliche Unternehmensanleihen. In beiden Fällen seien Fondsanlagen sinnvoll, um Risiken zu begrenzen. Dabei stellt Hott heraus: Unter Sicherheitsaspekten sind Bonds interessant, aber die zu erwartenden Renditen dürften doch „mager“ ausfallen.

Daraus zieht er zwei Schlussfolgerungen: Erstens sollten Anleger einen Portfolioanteil von 40 Prozent in Immobilien stecken, und zwar mit dem Schwerpunkt Europa. Zweitens seien alternative Investments wie Hedgefonds oder Private Equity ein Muss. Zumindest mit der zweiten Empfehlung liegt Hott voll im Trend: Viele Experten raten zu dieser Assetklasse. Oft schlagen sie sogar einen Anteil von zehn Prozent des Gesamtdepots vor.

Nach Angaben Keitels nehmen Hedgefondszertifikate im Musterdepot der Credit Suisse derzeit sogar rund acht bis zehn Prozent ein. „Wir setzen nicht nur auf die klassischen long-short-Strategien, sondern auch auf andere, insbesondere Arbitragestrategien.“ Bei einer solchen Strategie versuchen Fondsmanager beispielsweise, über Wandelanleihen Aktien günstiger zu beziehen, als dies zu dem Zeitpunkt am Aktienmarkt möglich wäre, um sie dann unmittelbar zu veräußern. Kritiker dieser Produkte betonen allerdings, es sei Privatanlegern meist nicht möglich, die Strategien der Fondsmanager nachzuvollziehen .

Keitel zählt zu den Experten, für die Gold in unsicheren Börsenzeiten ein unverzichtbarer Bestandteil des Depots ist. Weil sich das Edelmetall oft nicht gleichläufig zum Aktienmarkt entwickelt, ordnet er es als alternatives Investment ein. Ziehe der Goldkurs weiter an, werde man bei 360 Dollar je Feinunze oder 370 Dollar je Feinunze nachdenken, ob die Position nicht halbiert oder gar geschlossen werden sollte, sagt der Banker, dessen Musterdepot eine Auswahl an Goldminenaktien enthält; die Position macht rund zwei Prozent des gesamten Portfolios aus. Ebenfalls zwei Prozent hat die Credit Suisse in eine Ölaktien-Auswahl investiert. Keitel betont, sollte sich der Konflikt im Irak beruhigen, könnte der Ölpreis schnell sinken. „Aber zurzeit ist ja eher eine Eskalation des Konflikts zu erwarten“, sagt er.

Bei Aktien abwarten

Was die gesamte Aktienposition anbelangt – meist wird konservativen Anlegern ein Anteil von maximal 25 Prozent empfohlen -, setzt Keitel wie alle befragten Experten den Schwerpunkt auf Euroland. Dabei sehen viele wegen der gesunkenen Kurse Potenzial. „Nach dem verheerenden Jahr 2002 sehen wir hier schon von der Bewertung her deutliche Chancen“, sagt Knacke. Er ist darüber hinaus zuversichtlich, dass die Talfahrt im Laufe dieses Jahres gestoppt werden kann: „Die vielen Entlassungen bei den Unternehmen deuten darauf hin, dass ein Ende des Abschwungs bald bevorsteht.“ Ob Anleger gerade jetzt zukaufen sollten, bezweifeln manche Experten aber. „Anleger sollten sich mit Aktienkäufen zurückhalten, bis sich die Lage im Irak beruhigt hat“, sagt DWS-Fondsmanagerin Rega.

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