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Wirtschaft: Analysten sprechen eine eigene Sprache

Zum Jahresende haben sie wieder Hochkonjunktur: die Prognosen der Bank- und Börsenexperten für den Dax, den Dow Jones oder den neuen Euro-Stoxx.Schließlich wollen die Anleger wissen, wie es nach den Turbulenzen in den letzten Wochen und Monaten weitergeht.

Zum Jahresende haben sie wieder Hochkonjunktur: die Prognosen der Bank- und Börsenexperten für den Dax, den Dow Jones oder den neuen Euro-Stoxx.Schließlich wollen die Anleger wissen, wie es nach den Turbulenzen in den letzten Wochen und Monaten weitergeht.Vor allem aber: Welche Papiere versprechen im nächsten Jahr die besten Chancen und wo lauern Risiken?

Fast jede Bank oder Sparkasse versorgt ihre Kundschaft mit eigenen Publikationen,die mit Anlageempfehlungen nicht geizen.Und Anleger, die bereit sind, ein paar Mark extra zu investieren, kaufen sich zusätzlich noch einen der vielen Börsenbriefe oder Geldmagazine.Die verwöhnen ihre Leser mit Tips in Hülle und Fülle.

Das dort benutzte Vokabular läßt bei gesundem Menschenverstand eigentlich keine Fragen offen.Bei der Empfehlung "kaufen" sollten Anleger in das betreffende Papier unbedingt einsteigen."Halten" heißt: Die Aktie muß man nicht um jeden Preis haben, wer sie aber im Bestand hat, sollte abwarten.Und bei "verkaufen" läßt man besser die Finger von dem Papier oder wirft sie aus dem Depot.

Das Dumme ist nur, wenn diese Empfehlungen von einer Bank kommen, können sie auch etwas ganz anderes heißen.Zum Kauf raten die Institute zum Beispiel auch schon mal bei Papieren, die nicht allererste Wahl sind."Halten" ist in vielen Fällen nichts anderes als eine verkappte Verkaufsempfehlung.

Der Grund dafür sind handfeste Interessenkonflikte, in denen deutsche Bankhäuser in vielen Fällen stehen.Als Universalbanken vergeben sie sowohl Kredite an Unternehmen, führen Aktien an der Börse ein und beraten ihre Anlagekundschaft.Was also, wenn die Analyseabteilung eine Aktie zum Verkauf stellt und das betreffende Unternehmen gleichzeitig erhebliche Kredite bei diesem Institut aufgenommen hat? Oder aber - was noch viel schlimmer ist - das negativ eingestufte Unternehmen ist Großaktionär der betreffenden Bank - wie zum Beispiel die Allianz Versicherung bei der Dresdner Bank oder Hypovereinsbank.Ärger ist damit vorprogrammiert.Um den zu vermeiden, schmücken die Analysten ihre Studien mit möglichst verklausulierten Begriffen, die Interpretationsspielraum bieten."Untergewichten" oder "Bestände abbauen" zum Beispiel meinen im Endeffekt zwar "verkaufen", drücken das aber alles andere als direkt aus.Andererseits sagt "akkumulieren" oder "übergewichten", man sollte von dieser Aktie etwas mehr als von anderen haben.Aber ist sie damit schon ein Kauf und wieviel sollte man mehr haben?

Auch die Begriffe "Outperformer" oder "Unterperformer" sind schwammig.Vom Begriff her ist die Sache klar: Nach Meinung des Bankers entwickelt sich ein bestimmtes Papier voraussichtlich besser oder schlechter als der Rest.Damit ist aber noch nicht gesagt, welche Richtung der Markt insgesamt einschlagen wird.Geht es mit den Kursen bergab, wird die Aktie lediglich weniger verlieren als der breite Markt.

Aber auch börsennotierte Unternehmen selbst können offenbar schlecht mit negativen Urteilen leben.Als das Bankhaus Oppenheim unlängst eine Verkaufsempfehlung für Sachsenring-Aktien gab, reagierte das Unternehmen sauer.Die Sachsen ließen eine ad-hoc-Mitteilung folgen, in der sie ihrem Ärger Luft machten.Dafür handelten sie sich eine Rüge vom Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel ein.Begründung: Die Mitteilung enthält keine kursrelevanten Tatsachen.Zumindest die Aufseher scheinen die Wirkung von Bankstudien realistisch einschätzen zu können.

PETER HEIN

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