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Wirtschaft: Andrew Crockett für Horst Köhler

Der britische Banker gilt als Favorit für den Direktorenposten beim Währungsfonds

Washington (DeT/HB). Die Abwerbung ihres Direktors Horst Köhler kommt für den Internationalen Währungsfonds (IWF) ungelegen. Und kurz nach der Bekanntgabe seines vorzeitigen Rücktritts ist in Washington die Debatte um dessen Nachfolge an der Spitze der Finanzierungsorganisation entbrannt. Als Favoriten werden der Brite Andrew Crockett und der Franzose Jean Lemierre gehandelt. EUKommissionspräsident Romano Prodi sprach sich nach einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder dafür aus, das Amt weiter mit einem Europäer zu besetzen. Dies entspreche dem wirtschaftlichen Gewicht der EU.

Wie aus Kreisen des US-Finanzministeriums zu hören ist, wird sich die amerikanische Regierung jedenfalls gegen einen weiteren deutschen Kandidaten aussprechen. Als mit Abstand größter Anteilseigner beim IWF – die USA sind mit mehr als 17 Prozent am IWF-Kapital beteiligt und können auf Grund ihrer so genannten Sperrminorität jede wichtige Entscheidung blockieren – kann der Köhler-Nachfolger nur mit dem Segen der amerikanischen Regierung ernannt werden.

Lemierre hat bereits sein Interesse an dem Posten signalisiert. Der Präsident der Osteuropabank, dessen Vertrag bei der Hauptversammlung im Mai in London eigentlich für eine zweite Amtszeit verlängert werden soll, wollte am Donnerstag einen Wechsel nach Washington nicht ausschließen. Doch derzeit gilt der Engländer Crockett als Favorit. Der frühere britische Notenbanker war bis Ende März vergangenen Jahres Leiter der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel und ist heute Vorsitzender des Financial Stability Forum. Während der siebziger und achtziger Jahre arbeitete Crockett bereits 17 Jahre lang beim IWF in Washington. Der Franzose Lemierre trat wiederum Köhlers Nachfolge als Chef der Osteuropabank an, nachdem Köhler nach Washington gegangen war.

Die Entscheidung über den nächsten geschäftsführenden Direktor beim Währungsfonds könnte sich in der Endabrechnung auf politischen Lobbyismus reduzieren. Nachdem Köhlers Vorgänger Michel Camdessus im November 1999 seinen Rücktritt bekannt gab, hatte sich Kanzler Schröder für einen deutschen IWF-Chef stark gemacht. Sein erster Kandidat, Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser, scheiterte aber am Widerstand des US-Finanzministeriums. In den Wochen danach kam es zu einem hartnäckigen Gerangel und erheblicher Verstimmung zwischen Washington und Berlin.

Nach seiner Bestellung hat dann Köhler den IWF ohne viel Getöse gründlich umgekrempelt. Mit Köhlers Amtsleistung ist die amerikanische Regierung denn auch zufrieden, zumal er während des Irak Krieges politisch heikle Kreditentscheidungen, beispielsweise für die Türkei, im IWF-Direktorium durchsetzen konnte. „Auf eine Auseinandersetzung wie damals um Koch-Weser werden wir uns nicht wieder einlassen“, erklärte am Donnerstag ein leitender Beamter im amerikanischen Finanzministerium. „Die Deutschen hatten ihre Chance."

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