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Heitere Gelassenheit: Der angebliche Börsenmakler Alessio Rastani freut sich auf einen Crash der Eurozone.

© BBC

Update

Angeblicher Börsenmakler: "Kohle machen am Crash der Eurozone"

Alessio Rastani ist zynisch, gegelt, trägt rosa Krawatte und redet von der Vorfreude auf den Euro-Crash. So, wie man sich einen fiesen Trader vorstellt. Da konnte die BBC nicht widerstehen - und lud den Amateur zum Interview.

"Goldman Sachs regiert die Welt", erklärte Alessio Rastani in einem Interview zwei verdutzten Moderatoren des britischen Fernsehsenders BBC. Die Krise sei ein wahr gewordener Traum für all diejenigen, die jetzt viel Geld verdienen wollten, erklärt er weiter: "Uns Händlern ist es gleichgültig, ob man Wirtschaftsprobleme löst. Unser Ziel ist es, aus dieser Situation richtig viel Kohle zu verdienen".

Mit diesen Sätzen hat der angebliche Börsenmakler am vergangenen Montag einen Sturm der Entrüstung losgetreten. Das Video des Interviews hat auf der Internetplattform Youtube mehrere Millionen Abrufe erzielt, auch nachdem es der BBC-Wirtschaftsredakteur Robert Peston seinen Lesern via Twitter empfohlen hatte. Das Video sei ein "Must Watch", wenn man verstehen wolle, wie Märkte in der Euro-Krise funktionieren.

Doch der Mann, der mit gegeltem Haar und rosa Krawatte so gelassen und heiter über einen Zusammenbruch der Märkte spekulierte, ist kein Börsenmakler, sondern ein einfacher Kleinanleger. Börsenhandel sei für ihn lediglich ein Hobby und er habe nur eingewilligt, dem britischen Fernsehsender das Interview zu geben, weil er gerne rede, sagte Rastani am Mittwoch der Zeitung "The Daily Telegraph". Demnach ist der 34-Jährige nicht offiziell als Börsenhändler gelistet. Stattdessen betreibe er eine schlecht laufende Kommunikationsfirma. Noch am Dienstag hatte die BBC versichert, sie habe keinen Hinweis gefunden, dass Rastani kein professioneller Börsenmakler sei.

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Seit Montag wurde das Interview in britischen Medien und im Internet rege diskutiert. Das Londoner Finanzviertel „LIEBT das wirtschaftliche Desaster einfach nur“, echauffierte sich die "Daily Mail" auf ihrer Webseite (inzwischen mit Update). "The Independent" beschrieb Rastani als den "Händler, der den Deckmantel über das, was in dem Bankenviertel wirklich gedacht wird, gelüftet hat". Die spanische Finanzministerin Elena Salgado bezeichnete Rastani sogar als "verrückt und unmoralisch".

An der Geschichte regten sich jedoch auch schnell Zweifel. Rastani war zuvor weder als Finanzexperte noch als Banker bekannt. "Prankster or Trader?", fragte deshalb das US-Magazin "Forbes" den scheinbaren Börsenprofi am Dienstag, der dort großspurig von seinen Erfahrungen als Händler berichtete. Selbst die Kommunikationsguerilla "The Yes Men" kam in Verdacht, den falschen Experten zur BBC geschleust zu haben. Doch die Gruppe, deren Mitglieder sich immer wieder als Manager großer Konzerne ausgeben und die Öffentlichkeit narren, betonte, dass sie Rastani nicht kenne. Man müsse ihm aber für seine Ehrlichkeit danken, hieß es in einem Blog der Gruppe.

Bleibt die Frage, warum der stets um Seriosität bemühte Sender auf einen Hobby-Börsianer hereinfiel. Vielleicht, weil er mit markigen Worten das Desaster voraussagt, was viele Menschen in Europa längst glauben: "In weniger als zwölf Monaten werden sich die Ersparnisse von Millionen von Menschen in Luft auflösen". Niemand könne das verhindern. So einen muss man einfach einladen.

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