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Wirtschaft: Angriff auf das Kerngeschäft

In der Telekommunikationsbranche muss sich vor allem die Telekom neu aufstellen

Die meisten Menschen interessieren sich nicht für Technik. Sie wollen einfach nur telefonieren. Die Zukunft des Telefonierens stellt sich die Branche in etwa so vor: Jeder hat nur noch ein Telefon. Das mobile Gerät sucht sich überall das Netz, das gerade optimal ist. Zu Hause ist Telefonieren über das Internet am günstigsten. Die Verbindung mit dem Breitbandanschluss in der Wohnung wird drahtlos über ein lokales Funknetz (W-Lan) hergestellt. Verlässt der Kunde die Reichweite seines heimischen Netzes, schaltet dasselbe Telefon auf Mobilfunk um. Am Ziel angekommen – sei es der Arbeitsplatz, eine Kneipe, ein Hotel oder Flughafen –, wählt sich das Telefon in das dortige lokale Funknetz ein. Der Kunde telefoniert wieder über das Internet – unter Umständen sogar kostenlos.

Während es lange so schien, als ob der Mobilfunk das Festnetz einmal überflüssig machen könnte, sieht es jetzt so aus, als ob die Bedrohung sich umkehrt. „W-Lan wird es in Ballungsgebieten schon bald fast überall geben“, sagt Arno Wilfert von der Unternehmensberatung Arthur D. Little. „Diese lokalen Funknetze sind so billig geworden und auch bequem zu nutzen.“ Das aber heißt, dass man auch außerhalb der eigenen vier Wände über das Festnetz telefonieren kann. „Die Zukunft des Telefonierens ist drahtlos“, sagt Wilfert. „Das bedeutet nicht, dass wir unbedingt über Mobilfunknetze telefonieren.“

Heute werden in Deutschland immer noch 80 Prozent aller Telefonminuten im Festnetz telefoniert. Nur rund 25 Euro geben Kunden im Schnitt pro Monat für Handygespräche aus, 43 Euro im Festnetz. „Vielen Kunden sind Handytelefonate zu teuer“, sagt Wilfert. „Und auf lange Sicht werden sie auch teurer als im Festnetz bleiben.“

Inzwischen reagieren die Mobilfunkanbieter. Sie haben dabei noch ein Problem, statistisch gesehen besitzen bereits mehr als 90 Prozent der deutschen Bevölkerung ein Handy. Von neuen Nutzern kann kein Wachstum mehr kommen. Vodafone und O2 wollen daher zu ihren Mobilfunk- künftig auch schnelle Internetanschlüsse anbieten. In Deutschland haben beide Unternehmen dabei keine schlechte Ausgangsposition, da sie auf Festnetzanbieter im selben Konzern zugreifen können.

Das heißt, die Mobilfunkanbieter greifen die Deutsche Telekom jetzt auch im Kerngeschäft an. „Konkurrenten wie Vodafone oder O2 haben nichts zu verlieren“, sagt Fondsmanager Andreas Mark von Union Investment. „Mit dem zusätzlichen Angebot von Breitbandanschlüssen können sie nur neue Kunden dazugewinnen.“ Dabei wandele sich das gesamte Marktumfeld dramatisch. Neue Spieler drängen auf den Markt – Internetfirmen wie Google zum Beispiel. „Das setzt die Telekommunikationsfirmen zusätzlich unter Druck, weil sie ganz andere Geschäftsmodelle haben“, sagt Mark. „Die Internetanbieter müssen mit Telefonieren kein Geld verdienen, sie wollen nur die Kunden an sich binden.“

Um die Angriffe besser parieren zu können, müssen die Telekom-Sparten besser zusammenarbeiten. „Dass T-Online nun zurück in den Konzern geholt werden kann, ist daher ein sehr positiver Schritt für die Telekom“, sagt Mark. Ein Trend sei klar, sagt er: „Die Kunden wollen am liebsten alle Angebote aus einer Hand und nur noch eine Rechnung.“ Doch so weit ist die Telekom noch nicht. In Frankreich habe es France Télécom geschafft, sich als ein Kommunikationsanbieter für alle Bedürfnisse zu positionieren. „Bei der Telekom fehlt derzeit dieses klare Profil.“

Investoren glauben aber offenbar an eine positive Entwicklung. Im April ist die US- Beteiligungsfirma Blackstone bei der Telekom eingestiegen. „Die Deutsche Telekom bietet eine attraktive Dividendenrendite“, sagt Mark. „Und mit einem Sitz im Aufsichtsrat kann Blackstone den Druck auf das Management erhöhen, um den Wert der Telekom-Aktie zu steigern.“ Er erwartet, dass andere dem Beispiel folgen: „Weitere Engagements sind wegen der Attraktivität der Branche und der voranschreitenden Konsolidierung zu erwarten.“

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