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Wirtschaft: Angriff vor dem Anpfiff

Gewerkschaftsmitglieder klagen in einzelnen Ländern gegen Ausweitung – Einzelhandel bleibt gelassen

Berlin - Im Kampf gegen verlängerte WM-Öffnungszeiten hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi einen ersten Erfolg erzielt. Das Verwaltungsgericht Weimar untersagte am Donnerstag einem Einkaufszentrum in Günthersdorf (Sachsen-Anhalt), während der Fußball-WM länger zu öffnen (AZ: 8 E 759/06.We). Das Urteil hat zwar keine Wirkung für andere Geschäfte, allerdings stehen noch Entscheidungen aus. Einzelne Verkäufer hatten mit Verdi-Unterstützung gegen die Lockerung der Ladenöffnungszeiten zur WM geklagt. Eilverfügungen seien bislang in Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt beantragt worden, sagte Anwalt Friedrich Kühn von der Leipziger Kanzlei Rottmann Kurz, der die Kläger vertritt, dem Tagesspiegel. Der Handelsverband HDE räumte den Klagen keine großen Chancen ein. „Wir sehen das gelassen“, sagt HDE-Experte Heribert Jöris. Selbst innerhalb von Verdi sind die Klagen umstritten.

Während der Fußball-WM, die am heutigen Freitag beginnt, dürfen die Geschäfte bundesweit ausnahmsweise länger öffnen als sonst (siehe Kasten). Begründet wird das mit Paragraf 23 des Ladenschlussgesetzes. Er lässt Abweichungen von den Öffnungszeiten zu, sofern das im öffentlichen Interesse „dringend notwendig“ erscheint. Nach Meinung von Verdi trifft das aber nur auf Notsituationen wie etwa Flutkatastrophen zu, nicht aber auf die Fußball-WM.

Nicht alle Verdi-Mitglieder unterstützen die Klagen. „Wenn die Mitarbeiter mit den verlängerten Öffnungszeiten einverstanden sind und dadurch Arbeitsplätze gesichert werden, dann ist das wichtiger als die Meinung einzelner Verdi-Funktionäre“, sagte Klaus Jahns, Betriebsratschef bei Galeria Kaufhof am Alexanderplatz, dem Tagesspiegel. Beschäftigte, die sich bereit erklärt haben, am Sonntag zu arbeiten, erhalten neben einer Sondervergütung auch einen Kündigungsschutz für die nächsten acht Jahre. Die rund 1000 Mitarbeiter am Alexanderplatz haben einen Verdi-Organisationsgrad von 75 Prozent – weit über dem Durchschnitt von rund 40 Prozent.

Schon Anfang 2007 könnte der Ladenschluss an sechs Tagen in der Woche ohnehin komplett aufgehoben werden. Dann tritt voraussichtlich die Föderalismusreform in Kraft, in deren Rahmen die Gesetzgebungskompetenz für den Ladenschluss auf die Länder übertragen wird.

Maren Peters

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