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Wirtschaft: Angst vor der Zerschlagung

Schering-Management hofft weiter auf Übernahme durch Bayer – Motive des Konkurrenten Merck bleiben unklar

Berlin - Die Beschäftigen des Berliner Pharmakonzerns Schering haben Angst vor einer Zerschlagung des Unternehmens. „Die Belastungen für die Mitarbeiter wären immens, wenn die Übernahme nicht klappt“, sagte Betriebsratschef Norbert Deutschmann dem Tagesspiegel. „Unsere größte Sorge ist die Zerschlagung.“ Dann wären noch mehr Arbeitsplätze in Gefahr als die von Bayer angekündigten 6000 Stellen.

Bis zum Mittwoch um 24 Uhr muss Bayer 75 Prozent der Schering-Anteile angedient bekommen, sonst ist die Übernahme gescheitert (siehe unten). Der Plan wird durch den Darmstädter Konkurrenten Merck torpediert, der seine Schering-Anteile in den vergangenen Tagen auf knapp 19 Prozent aufgestockt hat. Jetzt fehlen Merck nur noch gut sechs Prozent, um Bayers Pläne zu vereiteln. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa-AFX aus Branchenkreisen will Merck seinen Anteil in dieser Woche auf mehr als 25 Prozent erhöhen. Ein Merck-Sprecher wollte das am Montag nicht kommentieren.

Nach Handelsblatt-Informationen will Merck einen höheren Preis für seinen Schering-Anteil aushandeln. Unternehmenskreisen zufolge zielt Merck dabei auf mehr als 90 Euro je Aktie. Bayer bietet 86 Euro. Offenbar hat Bayer telefonisch bereits Kontakt mit Merck aufgenommen, bisher aber noch keine Bereitschaft zu Zugeständnissen signalisiert.

Bayer hielt zuletzt knapp 62 Prozent an Schering. Rund 23 Prozent hat das Unternehmen an der Börse gekauft. Um den weiteren Aktienkauf durch Merck zu verhindern, prüft das Unternehmen laut Handelsblatt auch eine einstweilige Verfügung gegen Merck. Die Begründung: Merck habe nicht deutlich gemacht, mit welchem Ziel sie ihren ursprünglichen Fünf-Prozent-Anteil an Schering erhöht hätten. Das sei möglicherweise ein Verstoß gegen US- Recht.

Das Schering-Management setzt weiter auf einen Erfolg des Vorhabens. „Der Vorstand stützt das Übernahmeangebot der Bayer AG“, sagte Schering-Vorstandschef Hubertus Erlen. „Und wir hoffen im Interesse aller Mitarbeiter, dass möglichst schnell Klarheit über die Zukunft des Unternehmens besteht.“

Das Vorgehen von Merck ist einmalig in der deutschen Unternehmensgeschichte. „So etwas hat es in Deutschland noch nie gegeben“, sagte Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Er riet Schering-Aktionären, sich von ihren Anteilen bis Mittwochabend zu trennen. „Ich empfehle normalen Kleinaktionären, jetzt zum Preis von 86 Euro an Bayer zu verkaufen oder ein paar Cent mehr an der Börse mitzunehmen“, sagte er. „Nur Zocker können noch abwarten.“ Das Risiko sei groß, dass der Kurs schon bald sinke. Malte Diesselhorst von der Aktionärsvereinigung DSW riet zum Verkauf über die Börse, weil dort ein höherer Preis erzielt werden könne. „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass die Übernahme gelingt“, sagte er.

Was Merck mit der Attacke bezweckt, blieb weiter Gegenstand von Spekulationen. Ein Sprecher lehnte jeden Kommentar ab. „Im Falle eines Scheiterns der Fusion wären die Darmstädter als größter Einzelaktionär in einer starken Verhandlungsposition“, hieß es bei Sal. Oppenheim. Die Analystin Silke Stegemann von der Landesbank Rheinland-Pfalz geht davon aus, dass Merck im Gegenzug für seinen Schering-Anteil an Patent- oder Vertriebsrechten interessiert sein könnte. Daneben besteht die Möglichkeit eines reinen Preis-Pokers.

Maren Peters

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