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Eine Hand steckt ein Netzwerkkabel in eine Anschlussbuchse.

© dpa

Angst vor Internet-Kriminalität: Bürger verlangen vom Staat mehr Schutz im Netz

Viren, Spionage, Online-Betrug - viele Bürger haben Erfahrung damit. Die öffentliche Hand soll das World Wide Web stärker überwachen, verlangen sie.

Der Staat kümmert sich zu wenig um das Internet. Die Mehrheit der Deutschen wünscht sich, dass der Staat die Inhalte von Internetseiten stärker kontrolliert und nötigenfalls auch Verbote ausspricht. Dies geht aus der repräsentativen Studie „Freiheit versus Regulierung im Internet“ hervor, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) im Oktober durchgeführt hat. Trotz aller Sicherheitsbefürchtungen und den aktuellen Ausspähskandalen schätzen die Deutschen allerdings mehrheitlich die Vorteile des Internets, insbesondere den zeitunabhängigen Zugang zu Informationen oder zum Knüpfen von Kontakten.

Die Bürger wollen die Chancen des Internets nutzen, wünschen sich aber, dass das Netz sicherer wird, sagt DIVSI-Direktor Matthias Kammer. „Die Menschen brauchen Leitplanken auf dem Weg in die ungewisse Zukunft“, zitierte er am Dienstag bei der Präsentation der Studie Roman Herzog. Der ehemalige Bundespräsident ist Schirmherr des Instituts, das von der Deutschen Post gegründet wurde. Für Kammer gehört die Sicherheit im Internet auf die politische Agenda der nächsten vier Jahre. Von der künftigen Bundesregierung wünscht er sich „eine organisatorische Konstruktion, die sich um die digitale Agenda kümmert und diese Themen bündelt“. Ohne ein solches Internet-Ministerium drohen viele Themen im Kompetenzstreit verloren zu gehen. „Aber es ist schon ein Fortschritt, dass dieses Politikfeld im Koalitionsvertrag benannt wurde“, so Kammer.

Worum sorgen sich die Deutschen im Umgang mit dem Internet? 72 Prozent befürchten, dass ihr Computer von Viren befallen wird. Tatsächlich hatte fast jeder Zweite bereits eigene Erfahrungen damit. Bereits an zweiter Stelle steht die Sorge, dass die eigenen Aktivitäten im Internet relativ leicht überwacht werden können. Doch mit Zugriffen auf den eigenen Computer hatten erst sechs Prozent der Befragten zu tun. Noch deutlicher ist die Diskrepanz bei der Sorge vor Kreditkartenmissbrauch übers Internet, vor dem sich jeder Zweite fürchtet, obwohl nur drei Prozent der Internetnutzer damit eigene Erfahrungen gemacht hat.

Der Wunsch nach stärkeren Kontrollen wird von der Sorge um die Freiheit im Netz begleitet. Zwei Drittel der Befragten sehen diese Freiheit vor allem durch Unternehmen wie Suchmaschinenbetreiber oder Online-Shops gefährdet, weil sie die Inhalte im Netz nicht mehr komplett zeigen, sondern nur noch auf das jeweilige Nutzerprofil zugeschnitten sind. Jeder zweite Befragte sieht die Freiheit auch durch den Staat bedroht. Auf Nachfragen gab jedoch die Hälfte der Befragten an, das tatsächliche Ausmaß der staatlichen Eingriffe gar nicht beurteilen zu können.

Renate Köcher, die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, leitet aus der Studie die Ausbreitung „eines gewissen Fatalismus“ in der Bevölkerung in Sachen Internet ab. So hätten die Berichte über das systematische Ausspähen durch den US-Geheimdienst NSA viele Befragte kaum überrascht. Zwar spricht sich eine klare Mehrheit dafür aus, diese Überwachung zu unterbinden. Zugleich sind die Deutschen skeptisch, ob dies ein realistisches Ziel ist.

Der Staat ist in der Pflicht zu handeln, doch was zu geschehen habe, sei offen, konstatiert DIVSI-Leiter Kammer. Sollte sich dieses Dilemma zuspitzen, könne es zu einer Entfernung der Bürger vom Staat kommen. Kammer verglich die Situation mit dem Straßenverkehr, in dem es ebenfalls lange Zeit gebraucht habe, die nötigen Sicherheitsregeln aufzustellen. In den 1970er Jahren sei heiß über die Einführung der Gurtpflicht gestritten worden. Zugleich warnt Kammer vor einer Überregulierung. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mir für das Internet eine ähnliche Regulierung wünschen soll wie für den Straßenverkehr. Am Ende brauchen wir auch fürs Internet einen Führerschein.“

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