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Wirtschaft: Anleger bestrafen die Deutsche Bank

Trotz hohen Gewinns sinkt der Aktienkurs. Investoren verübeln der Bank Verluste bei Börsengeschäften

Berlin/Frankfurt am Main - Trotz eines glänzenden Gewinns im ersten Halbjahr hat die Deutsche Bank ihre Aktionäre nicht zufrieden stellen können. Sie quittierten die am Dienstag vorgelegten Zahlen mit Aktienverkäufen. Zeitweise brach der Deutsche-Bank-Kurs um mehr als drei Prozent ein. Die Anleger störten sich vor allem daran, dass sich die größte deutsche Geschäftsbank zuletzt im eigenen Aktiengeschäft verspekuliert hatte.

„Eine klassische Überreaktion“, urteilte Bankenanalyst Andreas Weese von der Hypo-Vereinsbank. Denn eigentlich waren die Zahlen, die die Deutsche Bank vorlegte, beeindruckend: Der Gewinn vor Steuern stieg im zweiten Quartal um fast 30 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro an. Das reichte zwar nicht aus, um den Rekordgewinn von 1,7 Milliarden Euro aus den ersten drei Monaten des Jahres zu überbieten, dies hatte aber auch niemand erwartet. Auch das Ziel von Konzernchef Josef Ackermann, im Gesamtjahr eine Eigenkapitalrendite von mindestens 25 Prozent zu erreichen, rückt näher. In den ersten sechs Monaten lag die Rendite bei 35 Prozent – höher als bei jeder anderen deutschen Bank.

„Wir haben im zweiten Quartal bewiesen, dass wir auch in einem schwierigen Marktumfeld ein erfreuliches Resultat erwirtschaften können“, erklärte Ackermann. Das „schwierige Umfeld“ bestand in den vergangenen Monaten vor allem aus den stark schwankenden Finanzmärkten und sorgte auch für den einzigen Makel in der Halbjahresbilanz. Der Eigenhandel mit Wertpapieren, der in den ersten drei Monaten noch deutlich im Plus gelegen hatte, wies im zweiten Quartal einen Verlust von 100 Millionen Euro aus. In einem Brief an die Aktionäre nannte Ackermann die „Kurskorrekturen an den Aktienmärkten“ als Grund dafür. „Man hat einfach Pech gehabt“, kommentierte Analyst Mathias Engelmayer von Independent Research. Insgesamt habe die Bank aber gute Zahlen vorgelegt.

Gleichwohl blickte Ackermann ungewöhnlich verhalten in die Zukunft. Er wies darauf hin, dass die momentane Verunsicherung auch in nächster Zeit dazu führen könne, „die Aktivitäten an den internationalen Finanzmärkten zu beeinträchtigen“. Die Deutsche Bank gilt für solche Schwankungen als anfällig, weil sie mittlerweile gut 70 Prozent ihres Geschäfts im Investmentbanking macht. Der Privatkundenbereich ist hingegen anteilsmäßig geschrumpft. „Entscheidend ist die Entwicklung der Kapitalmärkte“, sagte Konrad Becker von Merck Fink. Dies bedeute aber nicht, dass die Bank den Schwankungen schutzlos ausgesetzt sei.

„Die Konzentration auf das Investmentbanking ist richtig“, meint deshalb Analyst Engelmayer. Im Privatkundengeschäft sei der Marktanteil der Bank in Deutschland viel zu klein, um international wettbewerbsfähig zu sein.

Insgesamt lief das Investmentbanking-Geschäft auch im zweiten Quartal gut. Das Vorsteuerergebnis verbesserte sich um zwei Drittel auf 1,4 Milliarden Euro. Die Bank profitiert dabei vom gut laufenden Geschäft mit Fusionen und Übernahmen – vor allem in Europa. Die Sparte Privatkunden und Vermögensverwaltung trug nur mit 490 Millionen Euro zum Vorsteuergewinn bei - ein Plus von 32 Prozent.

Ackermann betonte, die Geschäftsaussichten seien „mittel- und langfristig günstig“. Gleichzeitig kündigte er weitere Übernahmen an. „Wir verfolgen weiter die Strategie, sowohl aus eigener Kraft als auch durch ergänzende Zukäufe zu wachsen“, sagte der Schweizer Vorstandschef. Erst im Juni hatte die Deutsche Bank den Kauf der Berliner Bank besiegelt, der zum Ende des Jahres wirksam werden soll. Dafür hatte Ackermann 680 Millionen Euro an die Bankgesellschaft Berlin bezahlt.

Die Deutsche Bank sorgte am Dienstag noch in einer anderen Angelegenheit für Aufsehen. Ihre Zentrale in London wurde wegen eines mutmaßlichen Mobbing-Falls zu einer Entschädigungszahlung von umgerechnet 1,2 Millionen Euro an eine Ex-Mitarbeiterin verurteilt. Das Gericht wies der Bank eine Mitverantwortung dafür zu, dass die heute 36-jährige Helen Green von zwei weiblichen Vorgesetzten sowie zwei Kolleginnen schikaniert worden sei. Die frühere Sekretärin sei jahrelang einer „gnadenlosen Kampagne“ ausgesetzt gewesen, hieß es in dem Urteil. mit AFP

Stefan Kaiser

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