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Wirtschaft: Anleger brauchen Geduld und starke Nerven

Experten raten: Aktien jetzt nicht verramschen und nur kurz laufende Rentenpapiere kaufen

Ich möchte mein Geld anlegen - aber sicher!" Die Angst vor weiteren Verlusten an der Börse war den Anrufern bei unserer Telefonaktion „Geldanlage" deutlich anzumerken. Doch auch in diesen Zeiten muss man nicht gleich zum Sparbuch zurückkehren, sondern man kann sein Kapital auch gewinnträchtiger investieren. Wie Sie Ihr Geld sicher parken und trotzdem noch vernünftige Renditen erzielen können, haben Ihnen unsere Experten am Tagesspiegel-Telefon verraten: Holger Hänsch (Berliner Sparkasse), Stephan Kühnlenz (Stiftung Warentest), Christian Schiller (Commerzbank) und Birgit Richter von der Deutschen Bank 24.

Ich habe vor zwei Jahren Anteile an einem europäischen Aktienfonds gekauft. Soll ich jetzt nicht besser verkaufen?

Sie sind eingestiegen, als die Börse noch sehr hoch bewertet und Ihr Fonds teuer war. Wenn Sie jetzt verkaufen, verlieren Sie Geld. Sollten Sie Ihr Kapital im Moment nicht unbedingt brauchen, sollten Sie Ihre Anteile daher auf gar keinen Fall abstoßen. Langfristig sind Aktienfonds eine rentable Geldanlage, daran ändern auch vorübergehende Börsenflauten nichts.

Ich bin Witwe und habe ein Vermögen von 100 000 Euro. Das Geld habe ich bei meiner Sparkasse angelegt und bekomme dort monatlich 500 Euro garantiert, mit denen ich meine Rente aufbessere. Halten Sie das für ein gutes Angebot, oder soll ich wechseln?

Festverzinsliche Wertpapiere, die ebenfalls eine sichere Geldanlage wären, bringen zur Zeit kaum mehr als fünf Prozent. Der Entnahmeplan, den Ihnen Ihre Sparkasse anbietet, schneidet verglichen damit gut ab. Es gibt also keinen Grund zu wechseln.

Ich habe mein Geld bei der Berliner Sparkasse angelegt. Jetzt habe ich Angst, dass die Sparkasse Pleite gehen könnte, weil sie von der Krise der Bankgesellschaft mitgerissen wird. Soll ich nicht lieber die Bank wechseln?

Sie brauchen keine Angst um Ihr Erspartes zu haben. Die Sparkassen-Kunden sind durch den Sicherungsfonds des Sparkassengewerbes geschützt, der alle Einlagen zu 100 Prozent absichert. Im Falle eines Falles steht aber auch noch das Land Berlin als Gewährsträger hinter der Sparkasse.

In wenigen Tagen läuft eine Zehn-Jahres-Anleihe aus, die mir bislang 7,5 Prozent Zinsen beschert hat. Jetzt hätte ich gern wieder etwas Vergleichbares. Wo finde ich das?

Langfristige Anleihen bringen derzeit nur einen Zins von maximal fünf Prozent. Das ist nicht attraktiv. Sollte wie erwartet im nächsten Jahr die Konjunktur wieder anziehen, kann allein schon die Inflation Ihren Zinsgewinn auffressen. Sie sollten daher derzeit nur kurze Laufzeiten von maximal zwei bis drei Jahren wählen oder Ihre Anlagen so streuen, dass Sie die Summe auf verschieden lang laufende Papiere aufteilen.

Ich möchte 5000 Euro für fünf Jahre sicher anlegen. Was können Sie mir empfehlen?

Sie können Ihr Geld zum Beispiel in einen Garantiefonds investieren. Das ist ein Aktienfonds, der sich an einen bestimmten Aktienindex, zum Beispiel den EuroStoxx, anlehnt. Der Fonds läuft über einen begrenzten Zeitraum – meist fünf Jahre – und zahlt nur am Ende mindestens das zurück, was Sie am Anfang investiert haben. Entwickelt sich der Index positiv, profitieren Sie davon. Allerdings schmälert die Garantiezusage Ihre Renditechancen. Legt der Index zum Beispiel um 10 Prozent pro Jahr zu, liegt die Wertentwickung des Garantiefonds nur bei 7,5 Prozent oder weniger. Zudem müssen Sie bei Garantiefonds mit einem Ausgabeaufschlag von 3,5 Prozent rechnen.

Kann ich mir einen Garantiefonds nicht auch selber zusammenstellen?

Ja, indem Sie auf die richtige Zusammenstellung Ihres Depots achten. Wenn Sie Aktien- und Rentenanlagen richtig mischen, können Sie – mit den Rentenwerten – den Kapitalerhalt sichern und – mit den Aktienwerten – versuchen, auch noch Gewinne zu machen. Wie Sie Ihr Depot zusammenstellen, hängt von der Laufzeit Ihrer Anlagen und der aktuellen Zinssituation ab. Die Stiftung Warentest empfiehlt aktuell für Garantiedepots folgende Mischungen: Bei fünfjähriger Laufzeit sollte der Anteil festverzinslicher Wertpapiere den Löwenanteil von 80 Prozent ausmachen, und nur 20 Prozent sollten in einen Aktienfonds gehen. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren sinkt der Anteil der Rentenpapiere auf 60 Prozent, Aktienfonds machen dann 40 Prozent der Anlage aus. Der Charme dieser Anlage: Selbst wenn Ihre Aktien wertlos werden sollten, bekommen Sie über die festverzinslichen Wertpapiere in jedem Fall das eingesetzte Kapital zurück. Verglichen mit den Garantiefonds der Banken hat ein selbst gezimmertes Garantiedepot zwei Vorteile: Es ist kostengünstiger, und die Laufzeit der Aktienanlage ist nicht begrenzt.

Kann ich auch bei kleinen Summen ein solches Garantiedepot aufbauen?

Sie sollten schon mindestens 5000 Euro anlegen, sonst ist der Teil, der für die Aktienfondsanlage vorgesehen ist, zu klein.

Welche Anlagealternativen habe ich noch?

Sie können natürlich auch einfach ein festverzinsliches Wertpapier mit entsprechender Laufzeit kaufen – etwa eine Bundesanleihe, einen Pfandbrief oder eine Inhaberschuldverschreibung einer bonitätsstarken Bank.

Was sind Indexzertifikate?

Indexzertifikate bilden einen speziellen Aktienindex ab. Wichtig bei der Auswahl ist der richtige Index. Es muss sich um einen Performance-Index handeln, der die Dividenden jeweils wieder investiert. Ohne diese Dividenden entgehen Ihnen meist zwei bis sieben Prozent Wertentwicklung pro Jahr. Außerdem sollte auch dieser Index möglichst breit gestreut sein, das heißt, Brachenindizes oder kleine Länderaktienmärkte eignen sich nur zu einer Beimischung von 10 Prozent in größeren Aktiendepots.

Was halten Sie von Genussscheinen?

Genussscheine sind ein Zwitter aus Anleihen und Aktien. Sie werfen meistens eine höhere Rendite ab als festverzinsliche Wertpapiere, die Auszahlung einer Dividende ist jedoch häufig daran geknüpft, dass das Unternehmen einen bestimmten Gewinn erwirtschaftet. Ob ein Genussschein eine sinnvolle Anlage ist, ist eine Frage des Einzelfalls und kann nicht generell beantwortet werden.

Ich habe die Nase voll von der Börse und möchte mein Geld anders anlegen. Aber es sollte möglichst täglich verfügbar sein. Vielleicht sollte ich einen offenen Immobilienfonds kaufen?

Ein Immobilienfonds kann in Ihrem Depot eine sinnvolle Beimischung sein. Gute Fonds haben in der Vergangenheit Renditen zwischen fünf und sieben Prozent pro Jahr erwirtschaftet. Zwar sind diese Fonds börsentäglich verfügbar, durch die meist hohen Ausgabeaufschläge lohnen sie sich allerdings erst ab einem Anlagehorizont von fünf Jahren. Gegenüber anderen offenen Investmentfonds haben diese Immobilienfonds allerdings einen Nachteil bei der Transparenz. Der Anleger kann zwar die Wertentwicklung verfolgen, kennt aber nicht die Bewertungen einzelner Immobilien beziehungsweise deren Mietrenditen im Fonds. Gerade die sind für die zukünftige Wertentwicklung entscheidend.

Ich habe Daimler-, Lufthansa- und Siemens-Aktien. Soll ich die jetzt abstoßen?

Wie sich einzelne Werte entwickeln, ist immer schwer zu sagen. Aber es gibt keinen Grund, Qualitätspapiere jetzt zu verramschen. Im Gegenteil: Die Börsenkurse sind trotz der leichten Steigerungen in den vergangenen Tagen noch immer niedrig, das heißt, man kann jetzt günstig kaufen. Allerdings sollte man dabei die Branchen streuen, um das Risiko zu minimieren. Das heißt: Nicht alles in High-Tech-Werte stecken, sondern Chemie-, Konsum-, Finanz- und Technologie-Aktien mischen. Und: Nur drei unterschiedliche Werte sind nicht genug, um eine vernünftige Risikoverlagerung zu erreichen. Wenn Sie schon Einzelwerte kaufen, sollten Sie mindestens fünf verschiedene Titel in Ihrem Depot haben.hej/len

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