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ANLEGER Frage: An Malte Diesselhorst Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz

Quartal oder Halbjahr?

In der EU gibt es Überlegungen, die Berichterstattung börsennotierter Unternehmen von einem Quartals- auf einen Halbjahresrhythmus umzustellen. Argumentiert wird, die vierteljährlichen Berichte verleiteten die Unternehmen zu kurzfristigen, also wenig nachhaltigen Entscheidungen. Wäre die Umstellung im Sinne der Aktionäre?

Kampf der Bürokratie – nach diesem Motto kommt ausgerechnet aus Brüssel die Idee, die erst vor einigen Jahren eingeführte und international übliche Quartalsberichterstattung börsennotierter Unternehmen als gesetzliche Anforderung wieder abzuschaffen. Schon der Ansatz stimmt nicht. Unternehmen müssen laufend ihre Zahlen aktualisieren, Plan und Ist vergleichen, und intern wird darüber nicht nur quartalsweise, sondern monatlich berichtet. Die Zahlen sind also vorhanden und müssen nicht extra erhoben werden. Übertriebene Bürokratie ist das nicht, sondern kaufmännisch notwendig. Und Mitarbeiter, die sich um die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt kümmern, sind in börsennotierten Unternehmen ohnehin vorhanden, nur sind die durch sie verbreiteten Informationen aktueller, wenn sie quartalsweise aktualisiert werden.

Die Quartalsberichterstattung verleite den Vorstand aber zu kurzfristigem Erfolgsdenken, erwidern die Gegner. Den praktischen Beweis bleiben sie schuldig. Ob ein Vorstand quartalsweise oder jährlich mehr verspricht, als er halten kann, spielt im Ergebnis keine Rolle. Muss er Quartalsberichte liefern, fällt es zumindest früher auf. Dass der Kurs auf Abweichungen vom verkündeten Plan reagiert, ist zu erwarten, hat aber nichts damit zu tun, in welchem Turnus die Zahlen transparent gemacht werden.

Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Kapitalmarkts wäre der Verzicht auf die gesetzliche Verpflichtung zur Quartalsberichterstattung aber sicher ein Nachteil. Größere Konzerne würden vermutlich schon aus Rücksicht auf ihre internationalen Investoren weiter quartalsweise berichten, schon weil sie durch die Reglements der Börsen dazu verpflichtet sind. Darauf verzichten würden vermutlich eher die Gesellschaften, die ohnehin nicht sehr transparent agieren. Gerade davor sollen Investoren aber durch eine regelmäßige unterjährige Berichterstattung geschützt werden.

Im Falle einer Gesetzesänderung käme es auch darauf an, ob sich die Börsen der Neuregelung anpassen. Heute ist die Pflicht zur Quartalsberichterstattung Bestandteil der Reglements für die wichtigsten Börsensegmente wie Dax oder M-Dax. Die Deutsche Börse hat sich aber noch nicht dazu geäußert, ob sie für den Fall einer Abschaffung der Pflicht auch ihr Reglement ändern würde. Im Sinne der Anleger wäre das jedenfalls nicht.

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An Malte Diesselhorst

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