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ANLEGER Frage: an Oliver Borgis Leiter der Vermögensverwaltung der Weberbank

Jetzt aus dem Euro aussteigen?

Unsere Währung steckt in der Krise. Warum gibt es so wenige Empfehlungen, sein Geld außerhalb des Euro in Sicherheit zu bringen – ist das nicht sinnvoll?

Die Symptome einer Währungskrise sind ein abstürzender Außenwert und ein rapide sinkender Binnenwert, also eine verminderte Kaufkraft. Beides ist beim Euro nicht der Fall. Sein handelsgewichteter Außenwert gegenüber den 20 wichtigsten Währungen ist seit 2003 stabil und hat seit Jahresanfang sogar um gut fünf Prozent zugelegt. Was den Binnenwert angeht, so ist der Euro tatsächlich stabiler, als es die D-Mark war. Seit Einführung des Euro liegt die Inflationsrate im Mittel bei zwei Prozent. Die im Rückblick verklärten Vergleichszahlen aus DM-Zeiten liegen für die 1990er Jahre bei 2,5 Prozent und die 1980er Jahre bei 3,2 Prozent – ganz zu schweigen von den 1970er Jahren mit durchschnittlich rund sechs Prozent.

Wir haben keine Währungs-, sondern eine Statuten- und Institutionenkrise, die für die Währung nicht existenzbedrohend ist. Der Euro hat eine gemeinsame Zentralbank, die verbindliche Entscheidungen trifft. Es fehlt aber eine zentrale Finanzpolitik und ein Krisenmanagement. Ein solches müsste eigentlich ausgleichen, dass es nur eine unzureichende, für eine Währungsunion aber wichtige politische Union gibt – wie sie die US-Bundesstaaten eint.

Striktere Haushaltsregeln und Strafen bei deren Missachtung ebenso wie ein abschreckender Mechanismus für den Ausstieg untragbar wirtschaftender Teilnehmerländer gehören zu den sinnvollen Instrumenten, die fehlen. Leider haben Deutschland und Frankreich in den Jahren 2002 und 2003 auf sehr kurzsichtige Weise auf ein Aufweichen des Stabilitätspaktes hingewirkt.

Was die Politik völlig richtig macht, ist, in Wort und Tat alles zu unterlassen, was die Autorität der Notenbank untergraben könnte. Auf ihr ruht das Ansehen des Euro. Es ist ein Zeichen der Stärke, dass internationale Investoren den Euro nach wie vor als Anlage- und Reservewährung schätzen. Das Weltwährungssystem ist im Umbruch. Mit der Abkehr vom US-Dollar als alleiniger Leitwährung kann es zu einem Höhenflug des Euro als aufstrebende Reservewährung ebenso kommen wie zu einem Absturz bei Zweifeln am Willen zur Fortsetzung der Schicksalsgemeinschaft Eurozone. Solange sich Letzteres aber nicht abzeichnet, kann die Flucht aus dem Euro teuer zu stehen kommen. Eine gewisse Währungsdiversifikation im Portfolio ist oft sinnvoll, nicht aber, den Euro gezielt zu vermeiden. So ist es sehr erfreulich, dass seriöse Medien und Anlageberater nicht zum Ausstieg aus dem Euro als Anlagewährung aufrufen, wie es populistisch verlockend ist.

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an Oliver Borgis

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