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ANLEGER Frage: an Oliver Borgis Leiter der Vermögensverwaltung der Weberbank

Setzen Sie auf Schwellenländer?

Auf dem europäischen Anleihemarkt wird es 2012 unruhig bleiben, weil etliche Schuldenstaaten mit riesigem Refinanzierungsbedarf Bonds im Volumen von mehreren hundert Milliarden Euro platzieren müssen. Sollten Anleger, die Staatsanleihen zeichnen wollen, auf solide Schwellenländer ausweichen?

Allein Italien und Spanien werden 2012 rund 500 Milliarden Euro an Anleihen refinanzieren müssen. Ob private Anleger den Schuldenstaaten ohne weiteren Zinsaufschlag ausreichende Mittel zur Verfügung stellen werden, ist unsicher. Die für den Eventualfall verbliebenen Mittel der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) von rund 200 Milliarden Euro wirken angesichts dieses Kapitalbedarfs nur noch wie ein Rettungsschirmchen, selbst wenn eine gewisse Hebelung des EFSF gelingt. Außerdem ist der europäische Staatsanleihemarkt ein durch Interventionen verzerrter Markt. Ohne die Stützungskäufe der Europäischen Zentralbank wären die Zinssätze für die Schuldenstaaten höher.

Anders als die europäischen Staaten findet sich bei vielen Schwellenländern ein Trend zu höherer Bonität und verbesserten Ratings. Sie weisen inzwischen erfolgreich etablierte Stabilitätspolitiken, eine deutlich kräftigere Wachstumsdynamik und hohe Währungsreserven bei gleichzeitig geringerer Kreditlast auf. Auch haben sie anders als die Industrienationen fiskal- und geldpolitisch Spielräume, um eventuellen Konjunkturschwächen entgegenzuwirken. Im Durchschnitt rangiert beispielsweise die Staatsverschuldung Lateinamerikas bei 55 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – die Vergleichszahlen für Italien und den Euroraum insgesamt liegen bei 119 Prozent und 85 Prozent.

Bei der Auswahl der passenden Anleihen kommt man um die Berücksichtigung politischer Risiken wie in China und Russland nicht umhin. Auch sollten Währungsrisiken berücksichtigt und in Euro notierte Anleihen bevorzugt werden. Diese sind leider nicht immer sehr handelsgängig und teilweise mit hohen Kursaufschlägen über ihrem Nominalwert versehen. Dennoch können Anleihen lateinamerikanischer und asiatischer Emittenten eine gute Wahl sein, von denen sicherheitshalber aber eine Mischung ausgewählt werden sollte. Börsengehandelte Indexfonds (ETF) bieten eine solche Streuung sehr kostengünstig und ohne Wiederanlageaufwand an. Solche gibt es auch für andere Ausweichmöglichkeiten: solide Unternehmensanleihen und die guten alten deutschen Pfandbriefe. Letztere rentieren auch immerhin rund ein Prozent höher als Bundesanleihen und sind dank ihrer realen Besicherung ein nachhaltiges Investment.

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an Oliver Borgis

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