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ANLEGER Frage: Schwellenländer nicht vergessen

Der Wachstumsausblick in den Emerging Markets hat sich deutlich verschlechtert. Ist es noch sinnvoll für deutsche Investoren, in diese Anlageklasse zu investieren? Eine Anlegerfarge an Helmut Kaiser, Chefinvestmentstratege für Privatkunden der Deutschen Bank

Während derzeit alle Emerging Markets (Schwellenländer) unter der globalen Kredit- und Wirtschaftskrise leiden, ist der längerfristige Ausblick sehr unterschiedlich für einzelne Länder und Regionen. Zum einen dürfte das in einigen Ländern von der Kreditfinanzierung und ausländischen Kapitalzuflüssen gestützte Wachstum stark nachlassen. Zum anderen leiden die rohstofflastigen Länder unter der drastisch verringerten Nachfrage und sinkenden Preisen für Rohstoffe.

Ein besonderes Augenmerk gilt den BRIC-Ländern: Brasilien, Russland, Indien und China. Brasilien leidet derzeit vor allem unter dem schwachen Rohstoffmarkt. Die inländische Konsumnachfrage ist dagegen noch robust, der Bankensektor solide, die Verschuldung des Staates nach wie vor tragbar. Der Finanzmarkt in Russland wird nicht nur vom rückläufigen Export und dem stark gefallenen Ölpreis belastet, sondern auch von internen makro- und mikroökonomischen Problemen. Banken und Unternehmen sind in ausländischer Währung hoch verschuldet. Die indische Wirtschaft ist längst nicht so offen wie die chinesische, entsprechend leidet sie nicht ganz so stark unter dem globalen Exporteinbruch wie die chinesische. Andererseits hat Indien aufgrund der niedrigeren Sparquote und des höheren Haushaltsdefizits deutlich weniger Spielraum, um die Wirtschaft zu stimulieren. In China hat sich das Wachstum stark abgeschwächt, vor allem wegen des rasant sinkenden Exports. Umfangreiche fiskal- und geldpolitische Stimulierungsmaßnahmen dürften aber dazu führen, dass das Wirtschaftswachstum nicht zu stark schrumpft.

Mehrere Gründe sprechen jedoch dafür, die Emerging Markets weiterhin im Anlegerportfolio zu berücksichtigen. Die mittelfristigen Wachstumsaussichten sind deutlich besser als in den meisten Industrieländern, deren aktuelle strukturelle Probleme auch längerfristig das Wachstum belasten dürften. Mehrere Gründe sprechen für die günstigeren Perspektiven der Schwellenländer: die robuste Wirtschaft, die günstigen demografischen Strukturen und der geplante umfassende Ausbau der Infrastruktur. Zudem sind die Aktienmärkte im historischen Vergleich sehr günstig bewertet.

Trotz des positiven Ausblicks in einigen Emerging Markets und der sehr günstigen Bewertungen ist aber kurzfristig nicht mit einer Trendwende an diesen Finanzmärkten zu rechnen. Voraussetzung dafür wäre zumindest eine Stabilisierung des Konjunkturabschwungs in den USA.

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an Helmut Kaiser

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