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Wirtschaft: Anleger ignorieren gute Nachrichten

Hightech-Papiere verlieren trotz positiver Quartalszahlen, weil die Unternehmen die hohen Erwartungen der Börse nicht erfüllen

Berlin - Es scheint paradox. Viele Technolgiekonzerne haben in den vergangenen Wochen gute Quartalszahlen vorgelegt, doch die Kurse rauschten in den Keller. Der Index der US-Technolgiebörse Nasdaq sank in der vergangenen Woche zwischenzeitlich auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2003. „Die Hightechs laufen mies. Es ist deprimierend“, klagte ein US-Händler. Das bedeutet nicht, dass andere Aktien viel besser dastehen. Der Dow Jones Index der wichtigsten US-Industriewerte fiel unter die wichtige Marke von 10000 Punkten. „Gestiegen ist nur der Ölpreis“, sagte ein Händler. Besserung ist nicht in Sicht. „Dies wird eine weitere, quälende Woche“, sagte Hugh Johnson, Analyst bei First Albany Corp der Nachrichtenagentur Reuters.

„Die meisten Hightech-Konzerne haben gute Zahlen vorgelegt. Der Markt befürchtet aber, dass es in Zukunft kaum noch besser werden kann“, sagt Matthias Maus, Technologieexperte bei der ING BHF Bank. Da bei den Werten aus der Chip-, Software- oder Internetbranche immer das künftige Wachstum eine große Rolle spiele, strafe die Börse jeden Hinweis gnadenlos ab, der darauf hindeute, dass die Geschäfte irgendwann schlechter laufen könnten. „Bei Intel waren das zum Beispiel höhere Lagerbestände“, sagt Maus. Der Softwarekonzern SAP enttäuschte die Finanzmärkte, weil er nicht wie erhofft die Umsatzerwartung für das Geschäftsjahr anhob. Bei Halbleiterherstellern wie Intel oder Infineon kommt hinzu, dass die Firmen aus einer Wirtschaftsflaute kommen und ihre Gewinne daher über eine bessere Nutzung ihrer Produktionskapazitäten steigern konnten. „Irgendwann sind die Fabriken ausgelastet. Die Gewinne steigen dann nicht mehr so rasant“, sagt Maus.

Die Bewertung der Technolgiewerte aus den Bereichen Hardware, Software oder Telekommunikation schätzen Analysten nicht übermäßig hoch ein, da die Kurse in den vergangenen Monaten kräftig Federn lassen mussten. Das sieht bei Internetfirmen wie dem Online-Marktplatz Ebay, dem Händler Amazon oder dem Portal Yahoo anders aus. „Diese Aktien sind derzeit extrem hoch bewertet“, sagt Norbert Kretlow, Analyst der Investmentgesellschaft Independent Research. Das Verhältnis von Aktienkurs zum Gewinn (geschätzt für das Jahr 2005) beträgt laut Independent Research bei Ebay 55, bei Yahoo 66. Das ist ein Vielfaches im Vergleich zu etablierten Branchen wie Handel oder Automobilindustrie, wo einstellige Kurs-Gewinn-Verhältnisse üblich sind. „In den Kursen sind hohe Wachstumsraten enthalten. Ist der Ausblick schlechter als erwartet, strafen die Anleger die Aktie sofort ab“, sagt Kretlow.

Das war zum Beispiel bei Ebay der Fall. In seinem Quartalsbericht erklärte das Unternehmen, das Geschäft des Online-Marktplatzes verlaufe inzwischen wie bei gestandenen Handelsunternehmen. Die Finanzmärkte befürchteten, mit dem hohen Umsatzwachstum durch das Internet sei es bald vorbei und schickten die Aktie in den Keller. „Dabei ist die Marktposition von Ebay kaum angreifbar“, sagt Kretlow. Mit jedem zusätzlichen Kunden steige die Attraktivität von Ebay und mache es für potenzielle Konkurrenten schwerer, in den Markt einzudringen.

Das sieht beim Internetportal Yahoo etwas anders aus. Neben der Suchmaschine Google steht mit Microsoft ein weiterer starker Wettbewerber bereit. Der Softwarekonzern baut den Online-Dienst MSN stetig aus und hat angekündigt, eine eigene Suchmaschine in das Betriebssystem Windows zu integrieren.

Diese Woche richten sich die Blicke – jedenfalls der deutschen Anleger – auf den Ifo-Index zur Stimmung in den Unternehmen, der am Dienstag veröffentlicht wird. In den vergangenen beiden Monaten hatte er jeweils nachgegeben. Sinkt er auch diesmal, wäre das ein Signal für das Ende des zarten Aufschwungs in Deutschland. Experten rechnen allerdings mit einem Anstieg. Am Donnerstag meldet der Elektronikkonzern Siemens Quartalszahlen. Vielleicht ist am Ende der Woche die Sicht der Anleger auf die Zukunft doch wieder besser. mit HB, pf

Maurice Shahd

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