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Wirtschaft: Anleger verlieren am Neuen Markt den Überblick Kursexplosionen werden seltener

Drei bis vier Börseneinführungen am Neuen Markt - pro Tag. Das Wachstumssegment der Frankfurter Börse hat seinem Namen im ersten Halbjahr 1999 alle Ehre gemacht.

Drei bis vier Börseneinführungen am Neuen Markt - pro Tag. Das Wachstumssegment der Frankfurter Börse hat seinem Namen im ersten Halbjahr 1999 alle Ehre gemacht. 60 Neuzugänge registrierte die Börse allein in den ersten sechs Monaten, das waren mehr als im gesamten Vorjahr (45). Die Zahl der Notierungen hat sich damit seit Jahresanfang verdoppelt. Anleger können inzwischen unter 124 Werten mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt 56 Mrd. Euro wählen. Allerdings gestaltet sich die Suche nach den echten Kurs-Favoriten immer schwieriger. "Mangelnde Transparenz" bescheinigt die DG Bank dem Börsensegment in einer aktuellen Studie. Die Fülle von Informationen über die Zugänge sei für Privatanleger nur noch schwer zu bewältigen. Und: Die Flut der Neuemissionen drücke die Performance des von hohen Wachstumsraten verwöhnten Marktes. In sechs Monaten legten die Kurse "nur" um 14,6 Prozent zu."Die noch unlängst zu beobachtenden exorbitanten Zeichnungsgewinne von teilweise mehreren hundert Prozent sind zu einer Seltenheit geworden", schreibt HypoVereinsbank-Research in einer auf den Neuen Markt konzentrierten Studie. Als "logistische Herausforderung" für Marktbeobachter und Analysten bezeichnen die Analysten die Masse der Neuemissionen. "Blindes Zeichnen" sei nicht mehr empfehlenswert. Viele der jüngsten Neuemissionen wiesen bestenfalls ein kleines einstelliges Plus auf. Einige Premieren fielen sogar gänzlich ins Wasser: Die Erstnotiz lag im Minus. So geschehen zum Beispiel bei Süss Microtech, Softmatic und der Berliner Lobster AG. Als heißer Tip galt auch die Maxdata AG. Gleich nach der Börseneinführung verlor der Kurs allerdings mehr als zehn Prozent. Zu teuer verkauft, lautete das Urteil der Analysten.Trotz extrem schwankender Kurse und einiger Pleiten bleibt der Neue Markt immer noch eine Erfolgsstory. Seit Einführung des Börsensegments im Jahr 1997 legte der Neue-Markt-Index um mehr als 500 Prozent zu. "Die Spreu trennt sich vom Weizen", bilanziert die HypoVereinsbank. Allmählich träten auch am Neuen Markt Bewertungskriterien in den Vordergrund, die am geregelten Markt und im Amtlichen Handel seit jeher gang und gäbe sind. Die hohe Bewertung der Wachstumsaktien hat sich nach Berechnungen der DG Bank weiter abgebaut. Der gebräuchlichste Maßstab bei der Beurteilung - das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) - liege bei den aus der Medienbranche stammenden Werten mit 106 für das Jahr 2000 am höchsten, gefolgt von Aktien der Informationstechnologie mit 58 und dem Spezialmnaschinenbau mit 43. Gemessen an der Marktkapitalisierung ist die Informationstechnologie die größte Branche im Neuen Markt. Sie überrundete mit einem Anteil von 24 Prozent die bislang führende Softwarebranche, die auf Platz vier verwiesen wurde. Allein 3,5 Mrd. Euro der um fünf Mrd. DM gestiegenen Marktkapitalisierung stammen allerdings aus der Neuemission von Consors Discount Broker. Zweitgrößte Branche sind die Medien mit 22 Prozent, vor der Telekommunikation (18,6 Prozent).Zusätzliche Orientierung über die Entwicklung der gibt die Deutsche Börse seit 1. Juli mit dem Blue-Chip-Index Nemax 50, der die 50 größten Werte des Börsensegments berechnet. Der Index spiegelt rund 80 Prozent der Marktkapitalisierung und des Börsenumsatzes am Neuen Markt wider und soll dem vielfach auch als "Zockermarkt" kritisierten Markt nun ein seriöseres Image verleihen.

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