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Wirtschaft: Anlegerschützer fordern Konsequenzen aus Fonds-Skandal

Gutachter sollen entmachtet werden / Keine Massenverkäufe von Anlegern des Grundbesitz-Invest

Berlin - Obwohl die Wiedereröffnung des Deutsche-Bank-Fonds Grundbesitz-Invest am Freitag glimpflich über die Bühne gegangen ist, fordern Anlegerschützer jetzt Konsequenzen. Klaus Schneider, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), plädiert dafür, die Anlageentscheidungen der Fonds transparenter zu machen und die Gutachter ganz abzuschaffen. „Wenn man die relevanten Zahlen wie Mieterträge, Vertragslaufzeiten und Bewirtschaftungskosten veröffentlicht, braucht man keine Gutachter mehr", sagte Schneider dem Tagesspiegel.

Der Immobilienfonds war Mitte Dezember geschlossen worden, weil die Deutsche Bank die Immobilien im Fondsvermögen neu bewerten lassen wollte. Statt der befürchteten Abwertung von zehn Prozent hatte die Korrektur aber nur moderate 2,4 Prozent betragen. Dieses und die von der Bank in Aussicht gestellte Entschädigung für Anleger scheinen einen Massenverkauf am ersten Handelstag verhindert zu haben. Obwohl die Anteilseigner am Freitag ihre Anteile erstmals wieder abstoßen konnten, hat es nach Angaben der Deutschen Bank keinen Ansturm in den Filialen gegeben. „Es war ein ruhiger Freitag“, sagte ein Sprecher. Weder die Bank noch die Fondstochter DB Real Estate wollten aber zu den Mittelab- und -zuflüssen Angaben machen. Am Freitag setzte die DB Real Estate den Anteilswert auf 37,16 Euro fest – ein Cent weniger als am Vortag.

Anlegerschützer und Experten fordern jetzt eine Diskussion über die Rolle der Gutachter bei offenen Immobilienfonds. „Es stellt sich ganz klar ein Abhängigkeitsproblem", kritisierte Schneider. „Für die Gutachter besteht die Gefahr, dass sie einen Auftrag verlieren, wenn das Gutachten nicht so ausfällt, wie die Investmentgesellschaft es gerne hätte."

Die Gutachter bewerten die Fondsimmobilien und legen für jede einzelne den Verkehrswert fest. Zusammengenommen sind die Verkehrswerte ausschlaggebend für die Renditeentwicklung des Fonds. Die Gutachter werden von der jeweiligen Fondsgesellschaft ausgewählt, müssen aber von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht genehmigt werden. Weil in der Vergangenheit offene Immobilienfonds immer wieder den Wert ihrer Portfolios außerplanmäßig nach unten korrigieren mussten, wird den Investmentgesellschaften vorgeworfen, die Gutachter zu positiven Gutachten zu drängen. „Die Fondsgesellschaft sagt dann: Wir können keine Abwertung gebrauchen, lasst die Bewertung bitte oben“, meint Richard Helm vom Branchendienst „Fondstelegramm“.

Gernot Archner, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS), hält dagegen. Eine Abhängigkeit der Sachverständigen von ihren Auftraggebern sei schon deshalb abwegig, weil die Gutachter für viele verschiedene Auftraggeber tätig sind und höchstens 30 Prozent ihrer Einnahmen von einer Kapitalanlagegesellschaft stammen dürfen.

Gute Nachrichten gibt es unterdessen für die Anleger des Grundbesitz-Invest: Sie können die Entschädigung, die sie von der Deutschen Bank erhalten, wahrscheinlich steuerfrei kassieren. Das sagte der Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg, Wolfgang Wawro, dem Tagesspiegel. Die Entschädigungszahlungen seien steuerlich nicht als Ersatz für entgangene Kursgewinne, sondern als Schadenersatz einzuschätzen und damit steuerfrei. stek/hej

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