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Anton F. Börner: "Das ist ein Tanz auf dem Vulkan"

Anton F. Börner ist Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels. Er spricht mit dem Tagesspiegel über die Bedeutung Asiens für den Export.

Herr Börner, wie wichtig ist Asien für die deutschen Exporteure?

Asien ist für uns strategisch eine sehr wichtige Region. Einerseits rechnen wir weiterhin mit einem langfristigen Wachstum in China, Südostasien und natürlich Indien. Andererseits importieren wir sehr viel von dort: 40 Prozent der deutschen Produktion besteht aus importierten Komponenten. Wir brauchen Asien sowohl als Lieferanten als auch als Kunden. Die Asiaten müssen sowohl in ihre Infrastruktur als auch in den Umweltschutz langfristig investieren – und hier sind wir sehr gut aufgestellt.

Welche Länder sind entscheidend?

Von der Bedeutung her ist sicher China die Nummer eins.

Nimmt die Bedeutung Asiens zu?

Ja, das liegt einmal an der Größe der Märkte. Zum Zweiten verfügen die Asiaten über riesige Währungsreserven. Wer jetzt in den Zeiten der Finanzkrise über viel Geld verfügt, hat große Investitionsmöglichkeiten in der westlichen Welt.

Wird sich Asien von den rezessiven Entwicklungen abkoppeln können?

Nein. Darin liegt eine große Gefahr. Insbesondere China braucht den amerikanischen Markt für seinen Export. Der rückläufigen Nachfrage wird China durch interne Konjunkturprogramme oder die Umverteilung seiner gigantischen Reserven entgegensteuern müssen, um das Wachstum nicht zu sehr abbremsen zu lassen. Denn das hätte gewaltige sozialpolitische Implikationen, die die Weltwirtschaft noch mehr erschüttern würden.

Das klingt gefährlich.

Ich denke, China wird das durch eigene Stärke in den Griff bekommen. Aber langfristig ist China auf Gedeih und Verderb auf den Export angewiesen. Wenn die Krise im Westen lang dauert, wird sie China erfassen. Das ist ein Tanz auf dem Vulkan: China muss Amerika stützen. Die Volksrepublik braucht die USA dringender als sie Europa braucht. Auf der anderen Seite muss die Regierung Rücksicht auf die immer mündiger werdende Bevölkerung nehmen, die nicht will, dass China sein Geld im Ausland verpulvert. Da gibt es erhebliches Kritikpotenzial.

Wie wird China sich entscheiden?

Die Chinesen wissen, was auf dem Spiel steht, und versuchen sehr stark, hinter den Kulissen stabilisierend zu wirken. Das gibt Mut, dass wir auch bei uns mit einem blauen Auge aus der Krise herauskommen: Niemand hat ein Interesse daran, dass die Situation eskaliert.

Kann Asien die sinkende Nachfrage aus den USA und Europa kompensieren?

Kurzfristig nicht.

Wird die Finanzkrise die Globalisierung bremsen, weil neue Regeln kommen?

Nein. Die Regulierungen des Finanzmarktes werden in die Richtung gehen, die wir immer gefordert haben: mehr Transparenz zum Beispiel.

Anton F. Börner ist Präsident des Bundesverbands des Deutschen Groß- und Außenhandels. Mit ihm sprach Corinna Visser. Deutschland exportierte 2007 Waren für 969 Milliarden Euro.

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