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Wirtschaft: AOL öffnet sich

Der Strategiewechsel des Onlinedienstes wird 5000 Arbeitsplätze kosten

Berlin - AOL laufen die Kunden davon. Darum hat der Onlinedienst einen radikalen Strategiewechsel beschlossen. Bisher machten Mitgliedsbeiträge und das Geschäft mit dem Onlinezugang den größten Teil des Umsatzes aus. Vom Zugangsgeschäft in Europa will sich AOL trennen und auch für E-Mail- und andere Internetdienste in Zukunft keine Gebühren mehr verlangen. Im Zuge dieses Strategiewechsels wird sich AOL weltweit von 5000 der insgesamt 19 000 Mitarbeiter trennen, wie das Unternehmen jetzt mitteilte.

Für die 2,5 Millionen Kunden in Deutschland wird sich der Strategiewechsel nicht so radikal bemerkbar machen, wie für die Kunden in den USA. Zwar kündigte auch AOL Deutschland in der vergangenen Woche an, dass der E-Mail- Dienst künftig nicht nur für Mitglieder, sondern für alle Internetnutzer zur Verfügung steht. Einen zusätzlichen Mitgliedsbeitrag, wie er in den USA neben den Zugangsentgelten erhoben wird, zahlen deutsche AOL-Mitglieder nicht. Hierzu- lande ist AOL bereits seit rund eineinhalb Jahren dabei, sich für alle Nutzer zu öffnen und sich von der Strategie, zahlenden Mitgliedern exklusive Inhalte anzubieten, zu verabschieden.

Die Idee ist, mehr Nutzer auf die Seiten zu locken, um für Werbekunden interessanter zu werden. Damit bewegt sich AOL einen weiteren Schritt auf Wettbewerber wie Yahoo, MSN von Microsoft oder Google zu, die sich in der Hauptsache über Werbung finanzieren.

Die jüngsten Geschäftszahlen sprechen für den Strategiewechsel: Zwischen April und Juni sanken die Umsätze im Vergleich zum Vorjahresquartal um zwei Prozent auf zwei Milliarden Dollar. Grund war ein elfprozentiger Rückgang bei den Mitgliedsbeiträgen. Die Werbeumsätze legten dagegen um 40 Prozent zu. Ende Juni hatte AOL weltweit noch 17,7 Millionen Kunden, 976 000 weniger als drei Monate zuvor und 3,1 Millionen weniger als Ende Juni 2005. In Europa sank die Zahl der Kunden seit Mitte vergangenen Jahres um 571 000 auf 5,6 Millionen.

Neben der Vermarktung der Internetplattform an Werbekunden will AOL künftig auch mehr Geld mit gebührenpflichtigen Diensten verdienen – etwa mit Musikdownloads oder SMS über das Internet. „Wir konzentrieren uns in Zukunft noch mehr auf das, was die Kunden online machen und bieten dafür die entsprechenden Dienste an“, sagte ein AOL-Sprecher in Hamburg. Das Geschäft mit dem Internetzugang soll noch in diesem Sommer verkauft werden. Als Interessenten gelten die Konkurrenten Freenet und United Internet sowie die Telefongesellschaften Versatel, Hansenet und die E-Plus Muttergesellschaft KPN. Ein eigenes Zugangsnetz hat AOL in Deutschland ohnehin nicht. AOL vermarktet bisher die Anschlüsse der Telekom.

Welche Folgen der Verkauf des Zugangsgeschäfts für die Mitarbeiter hier- zulande haben wird, sei noch offen, sagte der AOL-Sprecher. „Da die Verhandlungen noch laufen, kann man im Augenblick nicht sagen, wie sich ein Verkauf auswirken wird.“ Derzeit beschäftigt das Unternehmen an den Standorten Hamburg, Duisburg und Saarbrücken mehr als 1500 Mitarbeiter. „Für uns ist der Onlinewerbemarkt das zentrale Wachstumsfeld“, sagte der Sprecher weiter. Die Nachfrage nach Werbeplätzen in Bereichen wie Reise und Auto sei so hoch, dass hier im Herbst nichts mehr platziert werden könne.

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