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Wirtschaft: Appell an bürgerliche Tugenden, das eigene Vermögen einem guten Zweck zu spenden

Die Vermögenswerte, die in Deutschland in den nächsten Jahren vererbt werden, könnten nach Einschätzung des Berliner Justizsenators Ehrhart Körting bei 1,5 Billionen Mark liegen. Geht das alles an Kinder und Kindeskinder?

Die Vermögenswerte, die in Deutschland in den nächsten Jahren vererbt werden, könnten nach Einschätzung des Berliner Justizsenators Ehrhart Körting bei 1,5 Billionen Mark liegen. Geht das alles an Kinder und Kindeskinder? "Zu allen Zeiten haben Menschen, die über viel Geld verfügten, einen Teil dieses Geldes auch gemeinnützigen Zwecken zur Verfügung gestellt", sagt Körting. Der Staat müsse versuchen, mehr private Spender für gemeinnützige Aufgaben zu finden und vor allem Stiftungswillige zu fördern, meint der Justizsenator.

Körting hat die Vermögenden im Lande ins Auge gefaßt. "Bürgerliche Tugenden von früher" sollten wieder belebt werden. Stiftungen, so stellt es sich der Sozialdemokrat vor, könnten in manche der Lücken springen, die der finanziell überforderte Staat hinterlässt.

Die Justizverwaltung hat ihre Beratung für Stiftungswilige verstärkt. Wer sein Geld in einer Stiftung anlegen will, erhält hier theoretische und praktische Hilfe. Mustersatzungen und Merkblätter sind auch im Internet abrufbar ( http://www.berlin.de/SenJust ). Der Erfolg sei schon messbar, so Körting. Im gesamten Jahr 1998 gab es 20 Anträge. Im ersten Halbjahr 1999 waren es bereits 24.

320 rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts weist das Berliner Stiftungsverzeichnis aus. Wieviel Kapital und sonstiges Vermögen im Einzelnen dahinter steckt, wird nicht ausgewiesen. Der Justizsenator nennt lediglich die Gesamtsumme: gut zwei Milliarden Mark. Banken sind als Stifter darunter, Firmen, Vereine, aber vor allem Privatpersonen, wie Karl-Heinz Schumann bei der Justizverwaltung sagt: "Leute, die ein bestimmtes Anliegen verfolgen oder bestimmte Projekte vorantreiben wollen." Erst voriges Jahr wurde die Björn Schulz Stiftung eingetragen. Björn Schulz ist 1982 an Leukämie gestorben. Der Tod des Kindes ist unvergessen. 1983 gründeten der Vater Jürgen Schulz und seine Frau den Verein "Hilfe für Leukämie- und tumorkranke Kinder". Er kümmerte sich um krebskranke Kinder und versuchte den Eltern zu helfen.

Im Lauf der Zeit kam der Gedanke auf, eine Stiftung zu gründen. Das hatte auch steuerrechtliche Gründe, sagt Schulz. Er ist Unternehmensberater. Gemeinnützige Organisationen wie Vereine unterliegen, so erklärt er, "dem Gebot der zeitnahen Verwendung ihrer Mittel". Vermögen "horten" können sie nicht. Das können nur Stiftungen zum Wohl der Allgemeinheit. Als Stifter ist in diesem Fall die Kinderhilfe aufgetreten.

Als Vermögen hat sie ihr Haus in List auf Sylt eingebracht, eine Nachsorgeeinrichtung mit 18 Betten. Kranke Kinder und ihre Geschwister werden hier psychosozial betreut. Der Verein hatte das Haus beim Bundesvermögensamt kaufen können, nachdem eine Berlinerin ihm 250 000 Mark gespendet hatte.

Fürsorge, Unterstützung, Betreuung von blut- und krebskranken Kindern sowie ihrer Angehörigen - das steht jetzt im Mittelpunkt des Stiftungszwecks. Außerdem soll die Forschung auf dem Gebiet der Blut- und Krebserkrankungen gefördert werden.

Jetzt soll, wie berichtet, auch ein Hospiz für todkranke Kinder aufgebaut werden. Die Stiftung sucht ein Grundstück in Berlin.

Hans Toeppen

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