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Wirtschaft: Arbeitgeber gegen Zwangsinnovationen

Gesamtmetall-Chef weist die Forderung der IG Metall nach Mitspracherechten zurück

Berlin - Die Pläne der IG Metall, in der kommenden Tarifrunde einen so genannten Innovationstarifvertrag abzuschließen, der die Unternehmen verpflichtet, jährlich einen Innovationsbericht zu erstellen und mit dem Betriebsrat zu beraten, stößt bei den Arbeitgebern auf harten Widerstand. Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, kann sich das „nur schwer vorstellen“, weil er ihn für überflüssig hält, sagte er dem Tagesspiegel. „Die Betriebe zu Innovationen zu ermuntern, heißt in den meisten Fällen, Eulen nach Athen zu tragen. Wir leben von Innovationen“, sagte Kannegiesser dem Tagesspiegel. Im Übrigen könne man „auch per Gesetz keinen Erfindergeist hervorbringen“. Informations- und Mitwirkungsrechte seien im Übrigen ausreichend im Betriebsverfassungsgesetz geregelt.

Der zweite IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber hatte Ende vergangener Woche „tarifvertragliche Regelungen zu Qualifikation und Innovation“ gefordert. Der Gewerkschafter begründete das unter anderem damit, dass die Investitionen aller Unternehmen im vergangenen Jahr zum vierten Mal in Folge gesunken seien. Nach Erfahrungen der IG Metall führten mangelnde Zukunftskonzepte und fehlende Innovationen häufig zu wirtschaftlichen Problemen der Betriebe. Ende Oktober hatte Huber auf der tarifpolitischen Konferenz der IG Metall zum Thema Innovation und Qualifizierung den Arbeitgebern vorgeworfen, „Mitverantwortung an der Arbeitslosigkeit zu tragen“, wenn sie sich einer tariflichen Lösung widersetzten.

Auch von den Arbeitgebern in der Maschinenbaubranche kommt Widerstand gegen die Forderung der IG Metall. Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des deutschen Maschinenbauverbandes VDMA, bewertet die IG-Metall-Pläne als „ziemlichen Käse“. Der Gewerkschaft gehe es womöglich um ein Mitspracherecht bei Investitionen und damit im Ergebnis um Investitionslenkung. „Was ist, wenn eine Investition von der Zustimmung des Betriebsrats oder sogar der IG Metall abhängt, aber mit der Investition die Anschaffung neuer Maschinen und damit der Abbau von Arbeitsplätzen zusammenhängt?“, fragte Hesse. Und den Aufbau von Produktionen im Ausland könnten die deutschen Arbeitnehmer auch blockieren. „Wir leben aber sehr stark von der Produktion im Ausland und von der Zulieferung aus dem Ausland“, sagt er.

Gesamtmetall-Präsident Kannegiesser wies zudem darauf hin, dass von einer Innovationsschwäche keine Rede sein könne. So hätten im vergangenen Jahr die Firmen sechs Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung ausgegeben, in der Spitze sogar 18 Prozent. Und das bei einer eher durchschnittlichen Nettoumsatzrendite von 2,7 Prozent.

Die Firmen würden sich stark in der beruflichen Weiterbildung und Qualifizierung engagieren, aber man müsse zwischen den Zielgruppen unterscheiden. „Ein Entwickler muss sich stärker weiterbilden als ein Gabelstaplerfahrer, und aus einem Bandarbeiter wird nicht plötzlich ein Produktentwickler.“ Er bezeichnete es als „Illusion zu glauben, dass Räte oder Gremien Innovationen anschieben können“. Die Bedeutung qualifizierter Mitarbeiter für die Entwicklung jedes Unternehmens und die Innovationsfähigkeit sei in den Betrieben unumstritten. Kannegiesser beschrieb die Wichtigkeit der Belegschaft mit einem Bild: „Man kann nicht bellen ohne Hund – ohne Mitarbeiter auch keine Innovationen.“

Der Gesamtmetall-Präsident wie auch VDMA-Hauptgeschäftsführer Hesse sind Anhänger von betrieblichen Bündnissen ohne Einmischung der Gewerkschaft. „In den meisten Unternehmen ist die Zusammenarbeit mit den Betriebsräten gut“, sagte Hesse, auch beim Thema Qualifizierung sei eine tarifvertragliche Ergänzung also nicht erforderlich. „Wenn ein Unternehmen keine Qualifizierung macht, dann hat es sein Todesurteil unterschrieben“, sagte Hesse. Die Frage sei nur, „wann es vollstreckt wird“.

Die Strategie der IG Metall, mit dem Slogan „Besser statt billiger“ vor allem auf Innovationen in den Firmen zu setzen, greift für Kannegiesser zu kurz. „In den Firmen, in denen es Kostenprobleme gibt, kann man die nicht allein durch Innovationen lösen.“ Zwar sei Hightech noch immer das „Hauptunterscheidungsmerkmal von den Wettbewerbern", aber die holten zunehmend auf. „Woanders wird heute auch mit viel Intelligenz Innovation betrieben, früher hatten wir eine Alleinstellung", sagte Kannegiesser.

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