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Mitten im Meer. Bis zum Jahr 2012 sollen die Anlagen vor der deutschen Küste zehn Gigawatt Strom bringen. Der Markt wächst schneller, als Fachkräfte nachkommen. Foto: dpa

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Arbeitgeber Windparks: Die Energiemacher

Unfälle wie das Leck der Elgin-Gasplattform in der Nordsee machen den Umstieg auf umweltfreundliche Energien dringlicher. Die Offshore-Windparks wachsen – und suchen Mitarbeiter.

14 Tage arbeiten, 14 Tage frei: Das ist der Rhythmus, in dem Christian Eiche lebt. Jeden Monat verbringt der 30-Jährige zwei Wochen auf einer Plattform mitten im Meer. Ist er dort, arbeitet er zwölf Stunden am Stück. Danach hat er zwei Wochen frei und ist zu Hause in Emden bei seiner Frau und seiner Tochter.

Christian Eiche ist Offshore Coordination Manager. Ist er draußen auf See, ist er der Chef der Plattform, von der aus Deutschlands zurzeit größter Windpark in der Nordsee gebaut wird: der „Bard Offshore Windpark 1“, 90 Kilometer nordwestlich von Borkum. Wenn der Windpark Ende 2012 fertig ist, sollen in der Nordsee 80 Windräder stehen, die bei entsprechendem Wind pro Jahr 400 000 Haushalte mit Strom versorgen.

Nach den Planungen der Bundesregierung sollen bis 2021 die Windkraftanlagen vor der deutschen Küste eine Gesamtleistung von rund zehn Gigawatt Strom bringen. Sie sollen ein wesentliches Element der Energiewende werden. Zum Vergleich: Derzeit sind es 200 Megawatt. Es wäre eine Steigerung um den Faktor 50. Unfälle wie das Lack der Elgin-Gasplattform machen den Umstieg auf umweltfreundliche Energien noch dringlicher.

Um das Ziel zu erreichen, wird vor der Küste nun kräftig an neuen Parks gebaut. „Es ist fast eine ganze Armada von Arbeitern unterwegs da draußen“, sagt Andreas Wagner von der Stiftung Offshore Windenergie. Und gutes Personal ist knapp. „Der Markt wächst schneller als gut ausgebildete Fachkräfte nachkommen“, sagt Michael Finnern, Geschäftsführer der Bard Logistik GmbH, die den Windpark baut. Gesucht würden vor allem Offshore-Mechaniker und -Elektriker.

Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhousecoopers (PwC) vom Januar 2012 haben in der gesamten Offshore-Windenergiebranche im Jahr 2010 rund 14 300 Menschen gearbeitet. PwC schätzt, dass die Zahl der Arbeitsplätze bis 2016 auf 24 400 Arbeitsplätze steigen wird und dann bis 2021 noch einmal auf 33 100 Stellen.

Es ist vor allem die Pionierarbeit, die den Offshore Coordination Manager Christian Eiche reizt. Nie zuvor sind soweit von der Küste entfernt Windkraftanlagen gebaut werden. Er spricht vom tollen Zusammenhalt unter den Kollegen auf der Plattform und dem Stolz, wenn eine Anlage steht und sie wieder einmal Kälte, Regen, Schnee und Sonne getrotzt haben.

Auch die Verdienstmöglichkeiten sind gut. „Als Handwerker kann man da draußen so viel verdienen, wie im mittleren Management“, sagt Finnern. Zum Teil stünden auf dem Gehaltsscheck auch 50 Prozent mehr als an Land. Doch die Arbeit auf dem Meer kann auch gefährlich sein: Erst vor wenigen Wochen verunglückte ein Arbeiter beim Bau einer Windkraftanlage im Meer tödlich. „Und wenn Verletzungen da sind ist kein Krankenhaus um die Ecke“, sagt Eiche.

Wer sich für einen Offshore-Job interessiert, sollte sich vor einer Bewerbung über einiges klar werden: „Man sollte sich überlegen, ob man tatsächlich 14 Tage lang auf Dauer von der Familie weg sein will und kann“, sagt Finnern. Zwar könne man während der zwei Wochen über Handy zu Hause anrufen oder E-Mails schreiben, aber in dringenden Fälle schnell zu Hause vorbeizugehen, sei nicht drin. „Man sitzt da fest.“ Hinzu kommt: „Man lebt auf engstem Raum, die Privatsphäre ist gleich Null“, so Finnern. Es gilt striktes Alkohol- und Drogenverbot.

Wen die Vorstellung nicht schreckt, der kann sich bei einer der Firmen bewerben, die die Windparks bauen. Von Vorteil sind Erfahrungen in der Windenergie an Land. Bewerber müssen ärztliche Tests machen und ein Sicherheitstraining absolvieren, bei dem man etwa lerne, sich vom Helikopter abzuseilen, aus dem Helikopter unter Wasser auszusteigen, falls er abstürzt oder Feuer auf der Plattform zu bekämpfen, so Wagner von der Stiftung Offshore Windenergie.

„Die Arbeit ist nicht ganz ohne“, meint Eiche. Er sagt, dass seine Frau sich Sorgen macht und er selbst manchmal auch, seitdem er eine Tochter hat. Doch trotzdem kann er sich keinen anderen Job vorstellen. dpa

Kristin Kruthaup

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