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Arbeitsmarkt: Fast jede zweite Neueinstellung ist nur noch befristet

Immer mehr Unternehmen bieten neuen Mitarbeitern nur noch befristete Jobs an. Vor allem Berufseinsteiger müssen sich oft mit einer Beschäftigung auf Zeit zufriedengeben, berichtet das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung.

"Die befristete Einstellung ist inzwischen zur fast dominanten Einstellungsform geworden", sagte der stellvertretende IAB-Chef Ulrich Walwei. Viele Firmen legten Wert darauf, "einen neuen Mitarbeiter kennenzulernen und auszuprobieren, bevor sie ihn dauerhaft beschäftigen", sagte der Arbeitsmarktforscher.

Nach IAB-Angaben stieg der Anteil der befristeten Einstellungen von 32 Prozent im Jahr 2001 auf 47 Prozent im ersten Halbjahr 2009. In Ostdeutschland lag der Anteil an allen Neueinstellungen in der ersten Jahreshälfte 2009 sogar bei 53 Prozent, im Westen bei 45 Prozent, berichtete Walwei. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte unterdessen: Befristete Einstellungen dürften nicht zum Zukunftsmodell werden.

Hingegen widersprach der Arbeitsmarktforscher Einschätzungen, die Zunahme der befristeten Job belege den Trend hin zu immer "schlechterer Arbeit". Schließlich stellten Ein- oder Zweijahresverträge oft den Einstieg in eine dauerhafte Beschäftigung dar. Im Schnitt erhalte jeder zweite Betroffene nach einer Bewährungszeit einen unbefristeten Arbeitsvertrag, berichtete Walwei. Keineswegs jeder, der zunächst befristet angestellt werde, bleibe dauerhaft ohne Perspektive.

Auch stelle diese Unternehmensstrategie eine Chance für Arbeitslose dar: "Wir brauchen einen solchen niedrigschwelligen Einstieg in den Arbeitsmarkt, bei dem Unternehmen sich nicht sofort an einen neuen Mitarbeiter dauerhaft binden müssen", sagte Walwei. "Das ist eine Chance für Personen, die neu auf den Arbeitsmarkt kommen." Walwei räumte ein, dass von der befristeten Einstellungen gerade junge Leute betroffen seien, die sich in der Phase der Familiengründung oft eine dauerhafte berufliche Perspektive wünschten.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrück forderte unterdessen eine gesetzliche Regelung zur Begrenzung befristeter Arbeitsverträge. "Wir wollen eine Regelung, die Unternehmen dazu zwingt, ein befristetes Arbeitsverhältnis zu begründen", sagte die DGB-Vize. Der Einsatz von befristeten Arbeitsverträgen sollte auch nur in einem überschaubaren Zeitraum, etwa zur Bewältigung von Auftragsspitzen, zulässig sein. Nach Sehrbrocks Erfahrung sind befristete Arbeitsverträge bei jungen Leute inzwischen eher die Regel als die Ausnahme.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der DGB-nahen Hans-Böckler-Stiftung rechnet unterdessen mit einer weiter wachsenden Zahl befristeter Beschäftigungen. Die Arbeitsrechtlerin Reingard Zimmer verwies dabei auf entsprechende Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung. Geplante Lockerungen des Arbeitsrechts sollten es künftig ermöglichen, "befristete Arbeitsverhältnisse unendlich auszudehnen", heißt es in einer Mitteilung des Instituts vom Dienstag. So solle es Konzernen erlaubt sein, Mitarbeiter in verschiedenen Tochterunternehmen immer aufs neue befristet zu beschäftigen, befürchtet die Arbeitsrechtlerin. (dpa)

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