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Arbeitsmarkt: FDP hält Mindestlohn für eine vergiftete Wohltat

Es wird gewarnt, gefordert und gestritten: Die Mindestlohn-Debatte spaltet. Arbeitgeberverbände und FDP sind sich zumindest einig und wettern weiter gegen einen Mindestlohn. Der Chef der Wirtschaftsweisen schlägt derweil Abenteuerliches vor.

Arbeitgeber-Verbände und FDP machen weiter Front gegen eine Ausweitung von Mindestlöhnen. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, befürchtet "am Ende flächendeckende Branchen-Mindestlöhne, die in ihrer schädlichen Wirkung einem einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn nicht nachstehen werden". Auch der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) warnte vor einer Ausweitung auf seine Branche. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warnte die Regierungsparteien CDU und CSU davor, dem Koalitionspartner SPD nachzugeben.

Braun erklärte: "Wettbewerb wird verhindert, die Arbeitslosigkeit steigt - vor allem bei den Gering-Qualifizierten -, und Unternehmen und Verbraucher werden mit höheren Preisen belastet." Manche Dienstleistungen würden mit Mindestlöhnen für viele Konsumenten unerschwinglich. Ein Mindestlohn im Pflegebereich etwa "wäre für viele alte Menschen mehr als eine vergiftete Wohltat".

FDP: Mindestlohn bedeutet eine Hinwendung zum staatlichen Lohndiktat

Der Verbandsgeschäftsführer der mittelständischen Personaldienstleister, Thomas Hetz, kritisierte im "Handelsblatt" Bestrebungen anderer Arbeitgeberverbände der Branche nach Mindestlöhnen. "Hier wird auf unzumutbare Weise Angst vor Niedriglohn-Konkurrenz aus den östlichen Nachbarstaaten geschürt." Dies sei "völlig realitätsfern". So fragten zunehmend polnische Betriebe Arbeitskräfte bei deutschen Zeitarbeitsfirmen nach.

Niebel sagte der "Berliner Zeitung": "Die Union sollte der Forderung nach Mindestlöhnen widerstehen." Deren Einführung "bedeutet die Abkehr von der sozialen Marktwirtschaft von Ludwig Erhard und die Hinwendung zum staatlichen Lohndiktat."

Zur Durchsetzung eines Mindestlohns strebt auch der Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) einen tariflichen Mindestlohn an, den die Bundesregierung dann für die ganze Branche für verbindlich erklären soll, wie Präsident Wolfgang Waschulewski der "Thüringer Allgemeinen" sagte. Mit der Gewerkschaft Verdi sei vereinbart worden, dass dazu am 16. Januar in den Tarifkommissionen Gespräche beginnen sollten. Allerdings werden die Bestrebungen von Verdi skeptisch beurteilt, da die Arbeitgeber nur die herrschenden Niedriglöhne festschreiben wollten und in der Branche die erforderlichen flächendeckenden Tarifstrukturen fehlten.

Wirtschaftsweise: Mindestlohn von 4,50 Euro reicht aus

Der IG-Bergbau-Chemie-Energie-Vorsitzende Hubertus Schmoldt kritisierte den Vorschlag des Chefs der sogenannten Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, für einen allgemeinen Mindestlohn von 4,50 Euro. "Das ist ein Hungerlohn", sagte Schmoldt der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Ein allgemeiner Mindestlohn würde auch die Tarifautonomie von Arbeitgebern und Gewerkschaften bedrohen. Viele Arbeitgeber würden sich überlegen, die Tarifbindung zu verlassen.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, forderte indes mehr Gerechtigkeit in der Einkommensverteilung: "Die Manager-Gehälter steigen, während die übrigen Arbeitseinkommen stagnieren. Einerseits debattieren wir über Mindestlöhne, andererseits über mehr Transparenz bei hohen Einkommen. Wir stellen fest, dass in unserer Gesellschaft im Blick auf die Gerechtigkeit einiges aus dem Ruder gelaufen ist", sagte Huber der "Neuen Presse". (saw/dpa)

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