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Wirtschaft: Arbeitsmarkt: Geld für Fortbildung und ABM bleibt ohne Wirkung, sagen Forscher

Die führenden wirtschaftswissenschaftlichen Institute in Deutschland fordern mit Nachdruck eine Umgestaltung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Bundesanstalt für Arbeit. Fortbildung, Qualifizierung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) seien in der Summe ineffizient und würden kaum Chancen für die Menschen bieten, Arbeitsplätze zu finden, konstatieren die Wissenschaftler.

Die führenden wirtschaftswissenschaftlichen Institute in Deutschland fordern mit Nachdruck eine Umgestaltung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Bundesanstalt für Arbeit. Fortbildung, Qualifizierung und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) seien in der Summe ineffizient und würden kaum Chancen für die Menschen bieten, Arbeitsplätze zu finden, konstatieren die Wissenschaftler. Der Bundesanstalt werfen sie sogar vor, kein Interesse an einer kritischen Auswertung der Maßnahmen zu haben.

Insgesamt 41,6 Milliarden Mark gibt die Bundesanstalt für Arbeit in diesem Jahr für so genannte arbeitsmarktpolitische Maßnahmen aus. Damit werden unter anderem Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung (ABM), Qualifizierung, Fortbildung und Überbrückung für Arbeitslose, die sich selbstständig machen, finanziert.

"Wenig Erfolg versprechend, nicht effizient, zu geringe Wirkung auf die Weiterbeschäftigung der Teilnehmer nach der Maßnahme" lautet das Fazit der Arbeitsmarktexperten deutscher Forschungsinstitute: "Vor allem ABM, aber auch Umschulungsmaßnahmen haben eine geringe Effektivität", stellte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim bereits im Frühsommer fest. "Kaum messbare Wirkung für die Wiederbeschäftigung der Teilnehmer", bestätigte jetzt das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle. "Wir müssen dringend zu einer Umschichtung der Mittel und kritischen Prüfung der Maßnahmen kommen", sagt auch Christoph M. Schmidt, Professor an der Universität Heidelberg. Die Wissenschaftler fordern von der Bundesanstalt deshalb mit Nachdruck, den Einsatz der Milliardensummen und die Erfolgsquoten konkreter zu hinterfragen und rasch umzusteuern.

Angesichts der zunehmenden Differenz der regionalen Arbeitslosenquoten vor allem in Ostdeutschland (17 Prozent) und Westdeutschland (7,5 Prozent) sollten die Arbeitsämter wesentlich stärker über Mobilitätsförderung als über ABM in der Region nachdenken, sagte der Heidelberger Arbeitsmarktexperte Schmidt dem Tagesspiegel. Arbeitslose, die bereit seien, in Regionen mit Arbeitskräftemangel Jobs anzunehmen, sollten mit Zuschüssen unterstützt werden. Modelle in anderen Ländern hätten gezeigt, dass finanzielle Anreize die Mobilität der Erwerbslosen spürbar fördere. Pilotprojekte in Deutschland seien dringend nötig.

Nach Auffassung des Arbeitsmarktforschers Viktor Steiner vom ZEW in Mannheim könnten Mobilitätshilfen vor allem die Arbeitsmarkt- und Ausbildungsplatzmisere der Jugend in strukturschwachen Regionen lindern. "Junge Leute brauchen finanzielle Hilfe", sagte Steiner, "um sich fern ihres Wohnortes um eine Lehrstelle zu kümmern". Aber auch ältere Arbeitslose sollten Mobiliätsanreize erhalten. Gegenwärtige Modelle fesselten Arbeitslose geradezu an ihren Wohnort, weil "niemand bereit ist, umzuziehen, wenn er in der Fremde kaum mehr Geld verdienen kann, als er zu Hause bekommt".

Das Hallenser Forschungsinstitut schlägt darüber hinaus vor, die Qualität und Wirkung von Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zu erhöhen. Die Wissenschaftler empfehlen, in den Arbeitsämtern so genannte Qualifizierungsgutscheine auszugeben und von den Interessenten gleichzeitig einen finanziellen Eigenbeitrag zu fordern. Damit könne vermieden werden, dass die Arbeitsämter den Menschen Qualifizierungsmaßnahmen zuordnen, die wenig sinnvoll sind, sagte IWH-Experte Hilmar Schneider. Wenn sich Arbeitslose mit solchen Gutscheinen auf dem Markt der Bildungsträger allein umsähen, käme es auch zu mehr Wettbewerb unter den Bildungsträgern - und damit zu einer insgesamt höheren Qualität.

Die Kritik der Forschungsinstitute wies die Bundesanstalt am Dienstag zurück. Zum einen würden Jahr für Jahr mehr Menschen nach Bildungs- und ABM-Maßnahmen nicht mehr arbeitslos sein, sagte Eberhard Mann, Sprecher der Bundesanstalt, dem Tagesspiegel. Allein 91 Prozent der Menschen, die Ende 1999 Überbrückungsgeld erhalten haben, seien jetzt nicht mehr arbeitslos gemeldet. Zum anderen gäbe es Regionen, in denen wegen des schwachen ersten Arbeitsmarktes "keine Alternativen" bestünden.

Sowohl die ZEW- als auch IWH-Forscher werfen der Nürnberger Bundesanstalt allerdings vor, kein wirkliches Interesse an einer kritischen Wertung der Effizienz der Maßnahmen zu haben. Aus datenschutzrechtlichen Gründen würde sich Nürnberg weigern, den Instituten aussagefähige Informationen zu geben, kritisierten die Forscher.

asi

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