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Arbeitsmarkt: Ingenieure dringend gesucht

Trotz Krise fehlen der Wirtschaft 61.000 Fachkräfte. Die Lücke wird bis 2020 auf das Siebenfache wachsen – fürchten Experten.

Berlin - Die Produktion schrumpft, der Absatz bricht ein und obwohl die Unternehmen in der Wirtschaftskrise weniger Leute brauchen, fehlen ihnen Fachkräfte. Aktuell beträgt die Differenz zwischen der Zahl der offenen Stellen und der Zahl der arbeitslos gemeldeten Fachkräfte aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik immer noch 61 000. Experten erwarten, dass sich der Fachkräftemangel mit dem nächsten Aufschwung wieder deutlich verschärfen wird. „Die Lücke von 60 000 Leuten versiebenfacht sich bis ins Jahr 2020“, prognostizierte Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger am Montag.

Sattelberger ist zugleich Vorstandsvorsitzender der Initiative „Mint Zukunft schaffen“, die im Mai 2008 unter Beteiligung des Arbeitgeberverbandes BDA und des Industrieverbandes BDI von Unternehmen gegründet wurde, um dem Fachkräftemangel in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (kurz: Mint) entgegenzuwirken. „Der Fachkräftemangel in naturwissenschaftlichen und technischen Berufen ist die Achillesferse unserer Volkswirtschaft“, sagte Sattelberger. „Im nächsten Aufschwung droht ein neuer Rekordengpass.“

Nach Berechnungen des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) werden allein aus demografischen Gründen bis 2014 jährlich 49 000 Absolventen aus den vier Bereichen gebraucht, um die Fachleute zu ersetzen, die altersbedingt aus dem Beruf ausscheiden. Zwischen 2015 und 2020 werden sogar jährlich 59 000 Absolventen gebraucht. Hinzu komme noch der Expansionsbedarf der Wirtschaft. Denn die Nachfrage nach hoch qualifizierten Fachleuten wird laut IW steigen. Dafür sorgten unter anderem der mittelfristige Wachstumstrend und die Entwicklung hin zur Hightech- Produktion und zu höherwertigen Dienstleistungen. Rechnet man Ersatz- und Expansionsbedarf zusammen, ergibt sich ein jährlicher Bedarf von rund 100 000 Fachleuten bis zum Jahr 2014 und rund 110 000 zwischen 2015 und 2020.

„Ohne weitere Reformen in der Bildungspolitik werden die Hochschulen diese Nachfrage nach Mint-Kräften nicht decken können“, schreiben die IW-Experten in einer aktuellen Studie. Denn lege man den Status quo zugrunde, würden künftig pro Jahr nur 85 000 bis 90 000 junge Leute die Hochschulen mit einem entsprechenden Abschluss verlassen. Das reiche nicht, um den erwarteten Bedarf zu decken. Der gesamte Fachkräftemangel wird sich daher laut IW ohne Reformen bis zum Jahr 2014 auf rund 220 000 addieren. Im Jahr 2020 drohe nach derzeitigem Stand eine Lücke von rund 425 000 fehlenden Fachkräften.

Die Unternehmen wissen, was ihnen blüht. Anfang der 90er Jahre fanden junge Ingenieure und Naturwissenschaftler keine Stellen. Daraufhin begannen weniger junge Leute ein entsprechendes Studium. Im folgenden Aufschwung fehlte es dann an Fachkräften. Im Oktober 2000 erreichte die Fachkräftelücke mit 181 000 ihren Höchststand.

Das IW empfiehlt unter anderem eine Verbesserung der Betreuung von Studenten, um die hohe Studienabbrecherquote in den Fächern zu senken und zugleich eine bessere Werbung für Ingenieurberufe bei Schülern und Frauen. Telekom-Vorstand Sattelberger verwies darauf, dass auch Unternehmen Brücken bauen können, um junge Fachleute bei der Stange zu halten, etwa durch Praktika oder Trainee-Programme sowie berufsbegleitende Studien in Phasen der Kurzarbeit. Und er verwies auf die Tarifpartner in Bayern und Baden-Württemberg, die einen Plan für eine Beschäftigungsgesellschaft für Absolventen bereits in der Schublade liegen hätten.

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