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Arbeitsmarkt: Ohne Bildung keine Chancen

Arbeitgebernahes Institut fordert negative Einkommensteuer statt Mindestlohn, um schlecht bezahlte Jobs attraktiver zu machen.

Für Geringqualifizierte wird es eng auf dem Arbeitsmarkt. Ihre Chancen, einen Job zu bekommen, werden künftig immer weiter abnehmen, befürchtet das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, das am Dienstag in Berlin die Studie „Zukunft der Arbeit in Deutschland“ vorstellte. Besonders problematisch sei dabei, dass es bereits heute in Deutschland im internationalen Vergleich der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die höchste Arbeitslosenquote Geringqualifizierter gibt. Rund jeder Fünfte aus dieser Gruppe sei ohne Stelle, in Großbritannien hingegen nur etwa jeder Fünfzehnte. „Das ist ein erschütterndes Ergebnis“, sagte der Chef des Instituts, Michael Hüther.

Als Gegenmaßnahme schlägt das IW nun eine Strategie vor, die aus zwei Säulen besteht. Um Geringqualifizierten und Langzeitarbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, müssten einerseits Instrumente eingesetzt werden, die Menschen stärker in Arbeit brächten. Andererseits müsste sehr viel mehr in die Bildung investiert werden. Konkret regte das Institut an, die Anreize für die Annahme eines Jobs mit dem Modell der negativen Einkommensteuer statt mit einem Mindestlohn zu verstärken: Durch das staatliche Aufstocken niedriger Einkommen auf diese Art könnten Geringqualifizierte ermutigt werden, auch schlecht bezahlte Jobs anzunehmen, erklärte Hüther. Ein Mindestlohn führe hingegen dazu, dass Arbeitsplätze ins Ausland verlagert würden. „Beschäftigte, deren Produktivität geringer ist als dieser Lohn, werden damit aus dem Arbeitsmarkt verdrängt“, sagte Hüther.

Grundlegend reformiert werden muss dem IW zufolge auch das deutsche Bildungssystem – angefangen bei der frühkindlichen Bildung bis hin zu den Hochschulen. „Was in jungen Jahren verpasst wird, kann später auch für viel Geld nicht mehr nachgeholt werden“, sagte Hüther. Der Institutschef wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine geringe Qualifikation häufig zu Armut führe. Während das Modell bei Arbeitsmarktexperten auf Zustimmung stieß, gab sich die Politik am Dienstag zurückhaltender. „Arbeit kann für Geringqualifizierte attraktiver werden, wenn sie mehr bekommen als heute etwa mit dem Arbeitslosengeld II“, sagte Christian Dreger vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Ralf Brauksiepe, sagte hingegen, dass die Einführung einer negativen Einkommensteuer derzeit kein Thema in der Koalition sei: „Wir halten an unseren Abmachungen zu Mindestlöhnen fest.“

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