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Wirtschaft: Arbeitsmarkt: Stagnation

Die schlechtere Konjunktur in Deutschland wirkt sich immer stärker auf den Arbeitsmarkt aus. Der gewöhnlich durch den Frühling bedingte Beschäftigungszuwachs sei in diesem Jahr deutlich geringer ausgefallen, teilte die Bundesanstalt für Arbeit am Dienstag mit.

Die schlechtere Konjunktur in Deutschland wirkt sich immer stärker auf den Arbeitsmarkt aus. Der gewöhnlich durch den Frühling bedingte Beschäftigungszuwachs sei in diesem Jahr deutlich geringer ausgefallen, teilte die Bundesanstalt für Arbeit am Dienstag mit. Obwohl Ende April fast 3,9 Millionen Menschen ohne Job waren, erwartet die Behörde im Jahresschnitt einen Rückgang auf 3,6 Millionen. Während sich die Regierung optimistisch zeigte, sprachen Opposition und Arbeitgeber von "Alarmzeichen".

Im April arbeitslos gemeldet waren 131 700 Menschen weniger als im Vormonat und 118 500 weniger als im April 2000. Die Arbeitslosenquote sank von 9,8 auf 9,5 Prozent. Saisonbereinigt sei die Arbeitslosigkeit indes bereits im vierten Monat in Folge nicht gesunken, sagte der Chef der Nürnberger Bundesanstalt, Bernhard Jagoda. Die Zahl nahm im April um 6000 zu. Die Konjunktur bringe nicht mehr das, was sie im Jahr 2000 beschert habe, der Einfluss des Wirtschaftswachstums lasse nach. Zudem habe das lang anhaltende Winterwetter und das ungünstig gelegene Osterfest den Arbeitsmarkt belastet. Trotz der derzeit eingetrübten Wirtschaftslage erwartet Jagoda eine Besserung auf dem Arbeitsmarkt bis Ende des Jahres. "Was jetzt passiert, ist eine Delle." Trotz des gedämpften Aufschwungs wurde der niedrigste April-Stand seit fünf Jahren registriert.

Zum Beleg für den nachlassenden Einfluss des Wirtschaftswachstums verwies Jagoda auf die seit Monaten schwächer wachsende Zahl der Erwerbstätigen - sie ist neben der Arbeitslosenzahl der wichtigste Indikator. Die von der Statistik erst verzögert ermittelte Erwerbstätigen-Zahl habe im Februar erstmals seit vielen Monaten stagniert, nachdem die Zahl in den Monaten davor noch kräftig gestiegen war. Grafik: Der Arbeitsmarkt im April. Arbeitslosenquoten in Prozent Der Osten erholte sich im April stärker als der Westen. Zwar sank in den alten Bundesländern die Zahl der Arbeitslosen um 65 400 auf 2 473 500, in den neuen Ländern um 66 300 auf 1 394 400. Das bedeutet eine Arbeitslosenquote im Westen von 7,5 Prozent, im Osten von 17,7 Prozent. Jedoch ging, bereinigt um saisonale Sondereffekte, die Zahl der Jobsucher im Osten um 8000 zurück. Dagegen stieg sie im Westen um 14 000 an.

Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) zeigte sich angesichts der Zahlen optimistisch: "Auch wenn sich der positive Trend auf dem Arbeitsmarkt leicht abgeschwächt hat, zeigt die Arbeitsmarktentwicklung doch weiter nach oben", sagte er am Dienstag in Berlin. Dagegen bezeichnete CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer den Arbeitsmarkt als eines der "größten Problemfelder Deutschlands". Der rot-grünen Bundesregierung fehle der Mut zu durchgreifenden Reformen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) bewertete die jüngsten Arbeitsmarktdaten als "unübersehbares Alarmzeichen". "Der Deutsche Arbeitsmarkt ist ohne Saft und Kraft", sagte BDA-Präsident Dieter Hundt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) macht vor allem die abgeschwächte Konjunktur für den "schleppenden Rückgang der Arbeitslosigkeit" verantwortlich. Nötig sei nun eine Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank, um die Konjunktur zu beleben, forderte der DGB-Vizevorsitzende Heinz Putzhammer.

Auch in Berlin und Brandenburg ist der Rückgang der Arbeitslosigkeit im April schwächer ausgefallen als noch im Jahr zuvor. Dazu habe vor allem das schlechte April-Wetter beigetragen, teilte das Landesarbeitsamt Berlin-Brandenburg am Dienstag mit. Betriebe aus dem Baugewerbe, aber auch aus Gartenbau, Landwirtschaft und Gastronomie hätten weniger Leute eingestellt als im warmen April vergangenen Jahres. In Berlin waren zum Monatsende 272 300 Menschen arbeitslos, das sind rund 2200 weniger als im März. Die Arbeitslosenquote betrug 16,3 Prozent. In Brandenburg hatten 240 000 Menschen keine Stelle. Berlin hinke bei wissensintensiven Dienstleistungen hinterher, kritisierte der DGB-Chef in Berlin-Brandenburg, Dieter Scholz. Gegenüber dynamischeren Regionen verliere "die Stadt an Boden", die lokale Industrie bleibe auch bei Innovationen und neuen Techniken hinter anderen Städten zurück. All dies sei beschäftigungshemmend.

sni

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