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Arbeitsmarkt: Verschenkte Chancen

Die Integration von Langzeitarbeitslosen ist gescheitert, sagt eine Studie. Im Abschwung kann das schwere Folgen haben.

Berlin - Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist für die schwere Krise nicht gut gerüstet. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die am Montag veröffentlicht wurde. Insbesondere für Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte brechen demnach harte Zeiten an. Wie die Studie zeigt, konnten beide Gruppen trotz der Arbeitsmarktreformen bereits vom zurückliegenden Aufschwung nicht profitieren. Noch schlechtere Chancen dürften sich demnach im Abschwung ergeben, folgert das WZB. Grundlage für die Studie sind – teils wiederholte – Befragungen von rund 3000 Erwerbslosen und Arbeitnehmern in den Jahren 2002 bis 2007 im Auftrag der arbeitgeberfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.

„Die bisherigen Arbeitsmarktreformen haben das Problem der Langzeiterwerbslosigkeit nicht zufriedenstellend lösen können“, sagte WZB-Präsidentin Jutta Allmendinger am Montag. Das WZB führt dies insbesondere auf mangelnde Betreuungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zurück, nennt aber keine weiteren Details. Frühere Untersuchungen der Bundesagentur für Arbeit (BA) hatten bereits Ähnliches ergeben. Wie unterschiedlich die Chancen für Langzeit- und Kurzzeitarbeitslose auf dem Arbeitsmarkt sind, zeigt ein Beispiel aus der WZB-Befragung: Während in den Jahren 2006 und 2007 mehr als 50 Prozent der Kurzzeitarbeitslosen wieder in Arbeit gekommen sind, waren dies nur 25 Prozent derjenigen, die zwölf Monate oder länger ohne Job waren. Eine klare und strukturierte Betreuung der Langzeitarbeitslosen sei daher zwingend notwendig, sagte Allmendinger. Außerdem „müssen wir hier dringend mit mehr Qualifikation ansetzen“, sagte sie. Sie plädierte dafür, alles zu tun, um Menschen in Arbeit zu bringen oder zu halten.

Die Expertin macht sich daher auch für eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds von 18 auf 24 Monate stark, wie sie derzeit von der Politik und Unternehmen diskutiert wird. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass gleichzeitig „vernünftige Weiterbildungskonzepte“ angeboten würden, sagte die WZB-Präsidentin. Die beiden Konjunkturprogramme der Bundesregierung hätten in diesem Punkt dringenden Nachholbedarf.

Sollte der Staat nicht bald Lösungen für die Problemgruppen auf dem Arbeitsmarkt finden, schließt Allmendinger auch soziale Unruhen in Deutschland nicht aus. Sie knüpft damit an Äußerungen von DGB-Chef Michael Sommer und der SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan an, die in den vergangenen Tagen für regen Diskussionsstoff gesorgt hatten. „Wenn wir wieder fünf Millionen Arbeitslose haben und keine Konzepte zur Integration dieser Menschen in die Gesellschaft entwickeln, würde ich das Risiko von sozialen Unruhen nicht ausschließen“, sagte Allmendinger.

Trotz der Defizite hätten die Hartz-Reformen der rot-grünen Bundesregierung insgesamt Positives bewirkt, heißt es in der Studie. So hätten sich die Einstiegschancen vor allem ostdeutscher und älterer Erwerbsloser verbessert. Ostdeutsche hätten heute nahezu die gleichen Chancen, einen Job zu finden, wie Westdeutsche. Die besten Einstiegschancen in den Arbeitsmarkt haben nach dem Ergebnis der Studie Menschen im Alter zwischen 26 und 35 Jahren, Westdeutsche, Hochgebildete und Menschen, die nur bis zu drei Monate arbeitslos sind.

Laut Studie haben rund 45 Prozent der zwischen 2002 und 2007 neu aufgenommenen Erwerbstätigkeiten einen unbefristeten Vertrag zur Grundlage, rund 33 Prozent einen befristeten. Die restlichen Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt hatten keinen Vertrag oder gingen einer selbstständigen Tätigkeit nach. Rund zwölf Prozent nahmen im Untersuchungszeitraum eine Arbeit bei einer Zeitarbeitsfirma auf.

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