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Arbeitsmarkt: Warum Berlin trotz Wachstum so viele Erwerbslose hat

Hip sein schafft alleine noch keine Arbeitsplätze. Berlin zieht junge Akademiker, Kreative und Künstler an wie ein Magnet. Und auch die Zahl der Stellen nimmt zu. Warum die Arbeitslosigkeit trotzdem seit Jahren nahezu konstant bleibt.

Es ist wie verhext. Bundesweit sinkt die Arbeitslosenzahl stetig, inzwischen liegt die Quote bei sieben Prozent. Zwar folgt auch Berlin diesem positiven Trend, aber die Quote ist mit 13,3 Prozent fast doppelt so hoch. Unter allen Bundesländern belegt die Hauptstadt in dieser Disziplin noch immer den letzten Platz. Selbst das strukturschwache Mecklenburg-Vorpommern schneidet besser ab.

Dabei hat Berlin nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) „wirtschaftlich einen robusten Wachstumspfad eingeschlagen“. Dass der Anteil der Erwerbslosen dennoch hoch ist und trotz günstiger Konjunktur seit Jahren kaum sinkt, hat laut DIW mit Hexerei nichts zu tun. Vielmehr sei die Struktur des Berliner Arbeitsmarktes dafür verantwortlich. „Ein weit über dem Bundesdurchschnitt liegender und zuletzt steigender Anteil lebt von Hartz IV“, stellt Karl Brenke vom DIW fest. Nach seiner Aussage beziehen vier von fünf Berlinern ohne Job Arbeitslosengeld II. Wer lange ohne Arbeit ist oder noch nie eine sozialversicherungspflichtige Stelle hatte, hat kaum mehr Chancen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Für den schleppenden Abbau der Arbeitslosigkeit sorgen der Studie zufolge aber auch die, die zu Berlins Ruf als hipper Kulturmetropole im Herzen Europas beitragen: junge Akademiker, Kreative und Künstler. Für sie „ist Berlin offenbar ein Magnet, auch wenn die Beschäftigungsmöglichkeiten (noch) unzureichend sind“. Es sind zumeist junge Leute, die sich durch den urbanen Magneten angezogen fühlen. Die Zahl derer, die im erwerbsfähigen Alter sind, wächst, vor allem Menschen zwischen 20 und 30 Jahren ziehen in die Stadt. So nimmt durch die stabile Konjunktur die Zahl der Stellen zu und gleichzeitig gibt es auch immer mehr Personen von außerhalb Berlins, die auf den hiesigen Arbeitsmarkt drängen.

Gut die Hälfte unter den knapp 230 000 Berlinern, die im vergangenen Jahr Arbeit suchten, waren ohne Berufsausbildung - deutlich mehr als im Bundesdurchschnitt. Wer über eine Ausbildung verfügt, hat sie nicht selten in einem Beruf, der in Berlin wenig nachgefragt wird. So waren im Dezember 2010 gut 53 Prozent der Maler und Lackierer ohne Job. Bundesweit lag die Quote in diesem Berufsstand bei 26,5 Prozent.

Wie kann die Berliner Regierung mehr Menschen zu einem Arbeitsplatz verhelfen? „Die regionale Politik hat wenig Möglichkeiten“, lautet die klare Antwort von DIW-Mann Brenke. Von öffentlich geförderten Jobs hält er nichts. Das Gefühl, eine Stelle zu haben, dämpfe bei vielen in ABM die Motivation, sich eine Arbeit in der Privatwirtschaft zu suchen. Die Politik könne lediglich flankierend tätig werden. „In erster Linie kommt es darauf an, wachstumsfördernde Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung zu setzen.“ An die Firmen appelliert das DIW, mehr auszubilden. Nach Angaben der Arbeitsverwaltung suchten im August noch 5000 Jugendliche eine Lehrstelle – bei lediglich 3000 freien Ausbildungsplätzen.

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