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Arbeitsplatzabbau: Angst und Egoismus bei Airbus

Bei Airbus stehen die größten Stellenstreichungen der Firmengeschichte an. Gemeinsame Aktionen der Gewerkschaften der Airbus-Länder gibt es aber nicht. Die Arbeitnehmer schieben lieber ihre jeweiligen Regierungen vor.

Paris - Der Stellenabbau bei Airbus wird alle treffen. Mehr als 10.000 Arbeitsplätze sollen wegfallen. Nahezu alle Zulieferer stehen auf dem Prüfstand. Die deutschen Gewerkschaften machen mit einem Aktionstag am Freitag auf die rigorosen Pläne aufmerksam. In den anderen Airbus-Partnerländern bleibt es dagegen relativ ruhig, denn die Gewerkschaften in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien haben keine einheitliche Linie gefunden. Statt gemeinsam gegen die drohenden Milliardeneinschnitte auf die Barrikaden zu gehen, mobilisieren sie lieber ihre jeweiligen Regierungen, um die Lasten möglichst über die Grenze abzuschieben.

Für Empörung in Deutschland sorgte jüngst der französische Ko-Chef des Europäischen Airbus-Betriebsrates, Jean-Francois Knepper. Er unterstellte unter Berufung auf die Studie einer Unternehmensberatung, die französischen Werke seien produktiver als die deutschen. Und die Pariser Wirtschaftszeitung "La Tribune" zitierte einen französischen Airbus-Gewerkschafter mit den Worten, in Hamburg werde "die doppelte Beschäftigtenzahl" für die Produktion derselben Zahl von Maschinen aus der A320-Familie gebraucht.

Frankreichs Wahlkampf hemmt

Das Ziel solcher Vorstöße ist klar: Wenn die Franzosen besser sind, müssen sie auch weniger sparen. Hinzu kommt, dass in Frankreich Präsidentschaftswahlen anstehen. Die Gewerkschaften wissen, dass die Regierung in Paris im Wahlkampf besonders empfänglich für Forderungen aus dem Arbeitnehmerlager ist: Denn wütende Proteste tausender Airbus-Beschäftigter kämen im Wahlkampf äußerst ungelegen. Und mit einem 15-Prozent-Anteil an der Airbus-Mutter EADS hat Paris durchaus Möglichkeiten, zu harte Einschnitte abzuwehren.

Der französische Airbus-Chef Louis Gallois bewegt sich deshalb auf vermintem Terrain. Die Einschnitte aus seinem Sparplan Power 8 würden "gleich und gerecht" auf die Airbus-Hauptpartner Deutschland und Frankreich verteilt, versichert Gallois, der auch EADS-Ko-Chef ist. Doch während in Frankreich bisher Zahlen von rund 2000 Stellenstreichungen kursieren, brachte die IG Metall Anfang der Woche die Schockzahl von 5000 bis 8000 bedrohten Jobs in Umlauf, um die deutsche Politik wachzurütteln.

Europäischer Betriebsrat funktioniert nicht

Dabei hätten die Arbeitnehmervertreter durchaus Möglichkeiten, ihre Linie international abzustimmen. Als eines der ersten Unternehmen überhaupt führte der Flugzeugbauer 1988 einen Europäischen Betriebsrat ein. Doch der scheint nur in Schön-Wetter-Zeiten zu funktionieren. "Es ist leichter zu handeln, wenn das Unternehmen wächst, als wenn es ans Eingemachte geht", sagt Henrik Uterwedde vom Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg. "In Krisen neigen Betriebsräte dazu, Standort-Egoismus zu betreiben." Dies sei bei Airbus besonders spürbar, weil der Konzern von Deutschland und Frankreich mit einer auf nationale Ausgewogenheit ausgerichteten Doppel-Struktur aufgebaut worden sei. "Damit ist alles sofort politisch aufgeladen", sagt Uterwedde. Er sei deshalb "sehr skeptisch, dass die Gewerkschaften auf eine Linie kommen".

Peter Scherrer, Generalsekretär des Europäischen Metallgewerkschafterbundes (EMB) in Brüssel, sieht das anders. "Es ist natürlich klar, dass Power 8 viel Unruhe erzeugt, solange noch nicht klar ist, was der Plan genau beeinhaltet", sagt er. "Ich denke, da darf man nicht alles, was in der Hitze des Gefechts gesagt wurde, auf die Goldwaage legen." Schon im Herbst hätten die Gewerkschaften grenzübeschreitend begonnen, einen gemeinsamen Forderungskatalog zur Airbus-Krise auszuarbeiten. Das nächste Treffen der so genannten Gewerkschaftlichen Koordinierungsgruppe sei nun eine Woche nach Bekanntgabe des Sparplans am 20. Februar angesetzt. Dabei solle auch beraten werden, "wie wir den sozialen Dialog auf der betrieblichen Ebene besser gestalten können". (Von Martin Trauth, AFP)

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