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Wirtschaft: Arbeitszeitdebatte spaltet SPD und Gewerkschaft

Klärendes Gespräch zwischen Müntefering und DGB-Chef Sommer geplant/SPD-Politiker fordern: Reformen nachbessern

Berlin Der Streit um die Verlängerung der Arbeitszeit, um die Arbeitsmarktreformen und um gesetzliche Mindestlöhne belastet das Verhältnis zwischen SPD und Gewerkschaften schwer. Dennoch bemühten sich beide Seiten am Montag, den Krach nicht noch weiter anzuheizen. Trotz tiefer Verärgerung über die Härte der Gewerkschaftskritik will die SPD-Spitze Spitzenvertreter der Arbeitnehmer-Organisationen nicht öffentlich zur Ordnung rufen.

Am Wochenende hatten führende Gewerkschaftsvertreter ihr Verhältnis zur Bundesregierung als „zerrüttet“ bezeichnet. Der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, hatte die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder als „gescheitert“ verurteilt.

Die SPD-Spitze gehe „ohne irgendwelche Vorbedingungen“ in das Treffen des Gewerkschaftsrates in einer Woche, sagte SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter nach der Sitzung des SPD-Präsidiums. Benneter kündigte ein klärendes Gespräch von SPD-Chef Franz Müntefering mit dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer an. Spätestens beim Treffen der Gewerkschaftsführung mit der SPD- Spitze kommenden Montag müsse klar sein, welche „strategische Ausrichtung“ die Gewerkschaftsangriffe hätten.

Allerdings forderten am Montag auch Politiker der Regierungsparteien zum Teil massive Nachbesserungen am Reformpaket der Bundesregierung. So mahnte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) zu einer gerechteren Behandlung Ostdeutschlands. Der thüringische SPD-Vorsitzende Christoph Matschie schloss sich der Gewerkschaftsforderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn für Ostdeutschland an.

Junge-Union-Chef Philipp Mißfelder verlangte angesichts des Streits eine „grundlegende Neudefinition der Rolle der Gewerkschaften“. Deren Zeit sei abgelaufen. „Wenn die Gewerkschaften sich nicht endlich konstruktiv an den Reformdebatten beteiligen, sollten sie dringend über ihre Selbstauflösung nachdenken“, sagte Mißfelder dem Tagesspiegel.

Unterdessen haben am Montag die Tarifverhandlungen für die 800000 Beschäftigten im Baugewerbe begonnen. Die Arbeitgeber wollen eine Arbeitszeitverlängerung von 39 auf 42 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich erreichen. Die Gewerkschaften lehnen das ab. Am Abend sind die Verhandlungen ohne Einigung auf den 16. Juli vertagt worden.„Es ist ein gemeinsames Interesse an Lösungen erkennbar, wir sind zuversichtlich, dass Ergebnisse zu Stande kommen werden“, sagte der IG-BAU-Vorsitzende Klaus Wiesehügel am Abend in Berlin. Werner Kahl, Verhandlungsführer der Arbeitgeber, sagte, es gebe zwar ein gemeinsames Interesse an Beschäftigungssicherung, aber die Wege zum Ziel seien unterschiedlich.

Auch in den Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn ist die Verlängerung der Arbeitszeit weiter ein Thema. Nach einem Spitzengespräch in Frankfurt am Main sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn, die Arbeitszeit sei ein Stellhebel zur Kostensenkung. Die Gewerkschaft Transnet hatte zuvor mitgeteilt, die 40-Stunden- Woche sei vom Tisch. brö/hmt/msh/rvr

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