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In der ersten Reihe. Die Bahn-Tochter DB Netz soll künftig für ihre Betriebsstätten wie die Zentrale in Leipzig Gebühren entrichten.

© dpa

ARD und ZDF: Neue Rundfunkgebühr kommt Unternehmen teuer

Zwei Drittel der Mehrbelastung durch die neuen Gebühren gehen angeblich zulasten der Wirtschaft. Die Bahn-Netztochter soll 18 Mal so viel zahlen wie bisher.

Deutschland leistet sich schon heute den mit Abstand teuersten öffentlich-rechtlichen Rundfunk Europas. 7,5 Milliarden Euro stehen ARD, ZDF und Deutschlandradio pro Jahr für ihre mittlerweile 22 Fernsehkanäle, 67 Radios und zahlreichen Internetangebote zur Verfügung. Die Briten dagegen finanzieren ihre BBC nur mit 4,4 Milliarden Euro. Künftig wird Deutschland seine Position als teuerster öffentlich-rechtlicher Sendeplatz weiter ausbauen. Mit der Umstellung der Gebührenerhebung zum Jahreswechsel wird das System nicht etwa einfacher und billiger, sondern teurer – vor allem für die Unternehmen.

Gleichzeitig mit der Umstellung änderte die Gebühreneinzugszentrale GEZ auch ihren Namen in „Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“. Künftig muss fast jeder Privathaushalt einen monatlichen Beitrag von 17,98 Euro zahlen, auch wenn dort nur Radio gehört wird, was bislang 5,76 Euro kostete. Für Unternehmen können die neuen Beiträge nach Berechnungen des „Handelsblatt“ und von Wirtschaftsverbänden um ein Vielfaches höher ausfallen als die alten Gebühren. „Vielen Unternehmen wird die Reform eine böse Überraschung bescheren. Sie zahlen dann deutlich mehr als bislang“, sagte Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). Größere Filialbetriebe würden deutlich schlechter gestellt als gleich große Unternehmen mit nur einem Standort. Auch würden Branchen mit besonders viel Teilzeitbeschäftigung ungleich stärker belastet. Autos, Lastwagen und Busse würden zudem systemwidrig weiterhin in die Berechnung des Rundfunkbeitrags einbezogen, kritisiert der DIHK.

Auch das Handwerk wehrt sich gegen die neue Rundfunkgebühr. „Das neue Finanzierungssystem belastet viele Unternehmen zusätzlich – insbesondere diejenigen, die keine oder nur wenige Rundfunkgeräte nutzen“, kritisiert Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH).

Ein besonders eklatantes Beispiel für die Mehrbelastung der Wirtschaft durch die neue Rundfunkgebühr kommt von der Deutschen Bahn: Deren Tochter DB Netz zahlte bislang 26 000 Euro Rundfunkgebühren, künftig sollen es nach Berechnungen des Unternehmens mit 472 000 Euro mehr als 18 Mal so viel sein sein. Der DIHK hat ähnliche Fälle gesammelt. Beispiel dm: Der Drogeriemarkt-Filialist zahlte nach der alten Berechnungsmethode insgesamt 94 000 Euro GEZ-Gebühren. Mit dem Jahreswechsel wurden daraus 266 000 Euro. Drastisch ist auch der Anstieg bei der niedersächsischen Buchhandelskette Decius mit ihren zwölf Betriebsstätten: Aus 552 Euro werden 6635 Euro. Der Lebensmittelhändler Rewe erwartet eine Kostensteigerung um 500 Prozent.

In die Kostenfalle geraten Unternehmen, weil ARD und ZDF einen Systemwechsel durchgesetzt haben: Früher berechnete die GEZ die Gebühren nach der Zahl der Fernseher, Radios und internetfähigen Computer, die in einem Haushalt oder einer Firma genutzt wurden. Jetzt werden die Beiträge dagegen pauschal je Haushalt und je Betriebsstätte erhoben. Ob es dort überhaupt Empfangsgeräte oder Internetanschlüsse gibt, ist egal. Hinzu kommt: Bei den Betriebsstätten der Firmen hängt die Höhe des Beitrags davon ab, wie viele Mitarbeiter dort arbeiten. Deshalb sind Firmen mit vielen Filialen und Mitarbeitern besonders stark betroffen.

Der Autovermieter Sixt hatte bereits frühzeitig vor den Belastungen für die Wirtschaft gewarnt. Nach Berechnungen des Unternehmens zahlen Bürger und Unternehmen künftig 1,55 Milliarden Euro pro Jahr mehr, davon entfallen 950 Millionen auf die Wirtschaft. Bei der ARD weist man solche Schätzungen allerdings zurück. (HB)

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