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Wirtschaft: Atomausstieg: Abschied von der Kernkraft ist nicht endgültig

Die deutsche Atomindustrie will sich von der Stromerzeugung in Kernkraftwerken nicht verabschieden. Zwar wollen die Energiekonzerne die von der Regierung vergangene Woche vorgelegte Novelle des Atomgesetzes, die einen Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland vorsieht, noch im Juni unterschreiben.

Die deutsche Atomindustrie will sich von der Stromerzeugung in Kernkraftwerken nicht verabschieden. Zwar wollen die Energiekonzerne die von der Regierung vergangene Woche vorgelegte Novelle des Atomgesetzes, die einen Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland vorsieht, noch im Juni unterschreiben. Doch "der Atomausstieg ist umkehrbar", sagte Gert Maichel, Vorstand des RWE-Konzerns, am Dienstag auf der Jahrestagung der Atombranche. Wenn in Deutschland "wieder Vernunft statt Ideologie regiert", werde man sich dafür einsetzen, dass "Gesetze wieder geändert werden".

Beinahe ein Jahr nach der Unterzeichnung des Atomkonsenses der rot-grünen Bundesregierung mit den Kernkraftwerksbetreibern haben sich die Energiekonzerne dazu bereit erklärt, eine Novelle des Atomgesetzes zu paraphieren, die noch in diesem Jahr das Parlament durchlaufen soll. Zwar gebe es noch im Detail Nachbesserungsbedarf, sagte Maichel, der auch Präsident des Deutschen Atomforums ist, vor rund 1000 Teilnehmern der jährlichen Kernenergietagung. Mit einer Verzögerung sei allerdings nicht mehr zu rechnen. "Der Referentenentwurf spiegelt weitgehend den Geist der Vereinbarung wider. Die Gesetzesnovelle wird daher im Juni von uns gegengezeichnet".

Branche hofft auf Regierungswechsel

Im Kern garantiert die Bundesregierung den Kernkraftwerksbetreibern darin den "ungestörten Betrieb" der bestehenden Atomkraftwerke unter der Voraussetzung eines konkret beschriebenen Ausstiegsszenarios. In etwa zwanzig Jahren wird voraussichtlich das letzte deutsche Atomkraftwerk abgeschaltet. Insgesamt dürfen die Reaktoren bis dahin noch 2600 Terawattstunden Strom produzieren, so soll es im Gesetz festgeschrieben werden. Im Gegenzug sichert das Gesetz den Unternehmen die Genehmigungen für den Bau von Zwischenlagern für Brennstäbe im Umkreis der Atomkraftwerke und bis 2005 den ungehinderten Transport von Brennstäben in die Wiederaufbereitungsanlagen in Frankreich und England. Rund 80 bis 100 solcher Castorentransporte werde es bis dahin in jedem Jahr geben, sagte Maichel. Grafik: Atomreaktoren in Deutschland Was auf den ersten Blick wie das Ende der Atomstromproduktion in Deutschland aussieht, ist für die Branche allerdings nur eine Zwischenlösung. Auch jetzt noch sei die Energiebranche der Auffassung, dass der nationale Ausstieg aus der Atomkraft ein "schwerer Fehler ist", sagte Maichel. "Die Kernenergie sichert 33 Prozent der deutschen Stromerzeugung und ist wichtiger denn je." Wenn sich die politischen Konstellationen in Deutschland geändert hätten, werde auch das Atomgesetz neu geschrieben, sagte der RWE-Vorstand. Die internationale Entwicklung bestätige langfristig "neue Impulse für die Kernenergie". Maichel bezog sich vor allem auf die neuerliche Hinwendung der US- und der russischen Regierungen zur Atomenergie. "Die in Deutschland politisch gewollte Beendigung der Stromerzeugung aus Kernenergie ist eine nationale Sonderlösung".

Deutschland werde sich weder aus wirtschaftlichen noch aus Klimaschutz-Gründen dieser Entwicklung entziehen können. Es sei eine Fehler, wenn Politiker der Bevölkerung suggerierten, dass die Grundversorgung mit Strom langfristig durch fossile Brennstoffe oder erneuerbare Energieen gesichert werden könne. Wo dies hinführe, sagte Maichel, mache die Entwicklung im US-Bundesstaat Kalifornien deutlich. Dort war in jüngster Zeit mehrfach zu wenig Strom produziert worden.

Mit weiteren Verzögerungen bei der Novellierung des bestehenden Atomgesetzes rechnet auch die energiepolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Michaele Hustedt, nicht. Dem Tagesspiegel sagte Hustedt am Dienstag, dass es keine Störungen der grünen Bundestagsfraktion im Gesetzgebungsverfahren geben werde. Nachdem die Bundesregierung und die Vorstände der großen Energiekonzerne den so genannten Atomkonsens im vergangenen Juli unterzeichnet hatten, gab es immer wieder Begehrlichkeiten der Grünen, das Gesetz noch straffer zu fassen, als es Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vermocht hatte - zuletzt am vergangenen Montag von den nordrhein-westfälischen Grünen. "Es gibt nun nur noch wenig Spielraum für die Fraktionen", sagte Hustedt. Mit Blick auf Anhörungen und Debatten der Gesetzesnovelle im Bundestag warnte auch Maichel vor Änderungen, die "nicht dem Geist des Atomkonsenses vom Juli 2000 entsprechen". Sollte es zu solchen die Atombranche benachteiligenden Veränderungen kommen, werde die Industrie "alle zur Verfügung stehenden Mittel" einsetzen.

asi

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