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AUB-Skandal: "War als Lobbyist für Siemens tätig"

In der Affäre um verdeckte Zahlungen zu Gunsten der arbeitgeberfreundlichen Betriebsrats-Organisation AUB hat deren langjähriger Chef Wilhelm Schelsky die Siemens-Führung belastet. Die AUB betonte, keine Zahlungen erhalten zu haben.

München - Im Skandal um möglicherweise gekaufte Arbeitnehmervertreter beim Siemens-Konzern kommt Licht ins Dunkel. Der Gründer der Arbeitnehmer-Vereinigung AUB, Wilhelm Schelsky, räumte erstmals öffentlich ein, die Organisation im Auftrag und mit dem Geld von Siemens aufgebaut zu haben. Nach der Lustreisen-Affäre bei Volkswagen erhärtet sich damit der Verdacht, dass ein weiterer deutscher Traditionskonzern sich das Wohlwollen von Betriebsräten erkauft haben könnte. "Innerhalb der Siemens AG haben einige geglaubt, einen Staat im Staate aufbauen zu können", schimpfte Bezirkschef Werner Neugebauer von der IG Metall. Aus Gründen der "politischen Hygiene" müssten jetzt alle aus dem Konzern entfernt werden, die an dem System beteiligt gewesen seien oder davon gewusst hätten. "Ich setze mich da mit niemandem mehr an einen Tisch."

Allein seit 2001 sollen rund 45 Millionen Euro von Siemens an Schelsky geflossen sein. Bisher hatte Siemens betont, dass der AUB-Gründer mit seiner Beratungsfirma dafür durchaus Gegenleistungen erbracht habe. Es bestehe allerdings der Verdacht, dass zu viel Geld in Rechnung gestellt worden sei. Schelsky bekannte nun allerdings freimütig dem "Stern": "Ich war verdeckt als Lobbyist für Siemens tätig. Es gab einen klaren Auftrag aus der Konzernspitze." Ziel soll es gewesen sein, mit der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) eine Gegenorganisation zur mächtigen IG Metall bei Siemens aufzubauen.

Das Verhältnis zwischen Arbeitnehmervertretern und Konzernführung galt bei Siemens lange Zeit als gut. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Heinrich von Pierer, der im Zuge der Affäre den Aufsichtsratsvorsitz niederlegen musste, wurde einst sogar zum Ehrenbetriebsrat ernannt. Auch mit der IG Metall kam Pierer trotz des radikalen Konzernumbaus recht gut klar. Allerdings war die AUB der Gewerkschaft schon lange ein Dorn im Auge. "Die AUB sollte sich in 'Arbeitsgemeinschaft Abhängiger Betriebsangehöriger' umbenennen", sagte Neugebauer von der IG Metall. Auch IG-Metall-Vize Berthold Huber, der für die Gewerkschaft im Siemens-Aufsichtsrat sitzt, erklärte: "Schelskys Aussagen bestätigen unsere Befürchtungen über die Machenschaften bei Siemens." Der Strafantrag der IG Metall wegen Beeinflussung von Betriebsratswahlen erscheine gerechtfertigt.

AUB distanziert sich von Schelsky

Die AUB betont auf ihrer Internetseite: "Die AUB hat zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Zahlungen von Siemens erhalten." Schelsky allerdings habe die Organisation auch finanziell unterstützt. Falls die AUB auf dem Umweg Schelsky indirekt von Siemens-Zahlungen profitiert habe, distanziere man sich davon ausdrücklich. Die stellvertretende AUB-Vorsitzende Ingrid Brand-Hückstädt betonte zudem, die Organisation wolle trotz der Affäre weitermachen. Die Mitglieder seien Betriebsräte in vielen deutschen Unternehmen aller Branchen. "Auf sie wurde von der AUB niemals und von niemandem Druck ausgeübt, um besonders arbeitgeberfreundliche Entscheidungen herbeizuführen."

Die Organisation macht aber keinen Hehl daraus, dass sie arbeitgeberfreundlicher ist als die Gewerkschaften. Hildegard Cornudet, die als AUB-Mitglied und Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Siemens IT Solutions and Services (früher: SBS) im Siemens-Aufsichtsrat sitzt, formuliert das so: "Ich gehöre nicht zu der Art von Betriebsräten, die meinen, am Morgen ihrem Arbeitgeber erstmal eins auf die Fresse hauen zu müssen." Dennoch wirke sie bei Siemens durchaus auch kritisch. Daher sieht Cornudet auch keinen Grund - wie von der IG Metall gefordert -, ihr Aufsichtsratsmandat niederzulegen. Die Vorgänge rund um Schelsky seien zwar skandalös, die einfachen Mitglieder hätten davon aber nichts gewusst. "Als es den Skandal bei der Caritas gab bin ich ja auch nicht aus der katholischen Kirche ausgetreten." (Von Axel Höpner, dpa)

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