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Wirtschaft: Auch Billigware muss fehlerfrei sein

Garantie und Gewährleistung: Reklamationen sind noch zwei Jahre nach dem Kauf möglich

Von Heike Jahberg

Billig darf nicht schlecht sein. Das war früher schon so, und das hat sich auch durch das neue Gewährleistungsrecht nicht geändert. Auch Schlussverkaufsschnäppchen müssen fehlerfrei sein. Stellen Sie zu Hause fest, dass die neue Winterjacke ein Loch hat oder die Skihose an den Nähten auseinander klafft, können Sie reklamieren – und das sogar zwei Jahre lang. Ist die Ware mangelhaft, muss der Verkäufer reagieren und das Produkt reparieren oder umtauschen. Sollte ihm das nicht möglich sein, können Sie – trotz der Schlussverkaufsrabatte – noch eine weitere nachträgliche Preissenkung verlangen oder vom Kauf zurücktreten. Tipp: Heben Sie den Kassenbon entsprechend lange auf, rät die Verbraucherzentrale Berlin. Weist der Verkäufer dagegen ausdrücklich auf bestimmte Mängel hin, können Sie die „B-Ware“ wegen dieser Fehler nicht reklamieren.

Konnten Verbraucher früher nur sechs Monate nach dem Kauf reklamieren, dürfen Sie sich seit dem vergangenen Jahr deutlich mehr Zeit lassen. Für alle Waren, die nach dem 1. Januar 2002 gekauft worden sind, gilt jetzt eine zweijährige Gewährleistungsfrist. Dabei profitiert der Kunde zudem in den ersten sechs Monaten von einer Beweislastumkehr. Während dieser Spanne muss der Händler dem Käufer beweisen, dass das Gerät beim Kauf tadellos in Ordnung war und der Fehler erst später aufgetreten ist. Das dürfte aber so gut wie nie gelingen. Nach der Halbjahresfrist wechselt die Beweislast.

Händler setzen auf Kulanz

Das könnte zu Problemen führen, in der Praxis überwiegt aber derzeit Kulanz. „Wilde Diskussionen in den Läden gibt es nicht“, sagt Armin Busacker, Geschäftsführer beim Einzelhandelsverband HDE. Angesichts der wirtschaftlichen Probleme, vor denen der Handel steht, können es sich die Geschäftsleute nicht leisten, Kunden zu verprellen. „Wenn die Sache einen Fehler hat, wird reguliert“, berichtet Busacker.

„Bei uns hat sich nichts geändert“, sagt auch C & A-Sprecher Knut Brüggemann. Die Textilhandelskette habe schon früher Ware zurückgenommen, auch wenn die alte Sechs-Monats-Frist überschritten war. „Wir tauschen anstandslos um, selbst wenn die Ware keinen Fehler hat“, heißt es bei Karstadt. Wolle der Kunde statt des gelben Wasserkochers plötzlich einen blauen, sei das kein Problem, beteuert Karstadt-Sprecher Elmar Kratz.

Rückendeckung bekommt der Handel von zahlreichen Herstellern. Um lästige Diskussionen über Fehler, Fristen und Beweislast zu vermeiden, haben viele Produzenten von Haushaltsgeräten ihre Garantiefrist von einem auf zwei Jahre ausgedehnt. Dieser Trend nehme auch bei der so genannten „braunen Ware“, der Unterhaltungselektronik, zu, sagt Mathias Scherer vom Zentralverband der Elektronikindustrie (ZVEI). So wie Philips, die jetzt eine Zwei-Jahres-Garantie geben, wollen auch andere Hersteller über eine Angleichung von Garantie und Gewährleistung Streitereien bei Reklamationen aus dem Weg gehen.

Dennoch sehen Verbraucherschützer noch keinen Anlass, Entwarnung zu geben. Besonders im Versandhandel würden zahlreiche Anbieter in ihrem Kleingedruckten die Gewährleistungsansprüche der Kunden unzulässigerweise beschränken, kritisiert Roland Stuhr vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). So sollen die Verbraucher etwa gezwungen werden, die Ware sofort an der Haustür auszupacken und etwaige Mängel dem Paketboten zu melden. Andere Versender wollen Mängelrügen nur dann zulassen, wenn sie innerhalb von drei Tagen erhoben werden. „All das ist unzulässig“, sagt Stuhr. Aber diese Fälle würden einen Vorgeschmack auf die Zeit geben, in der der Handel nicht mehr um jeden Kunden kämpfen müsse.

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