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Die Bilanz der deutschen Landesgesellschaft war über Jahre negativ.

© dpa

Auch Hennigsdorf betroffen: Bombardier streicht in Deutschland bis zu 2200 Arbeitsplätze

Stellenabbau bei Bombardier: Beim Zughersteller fallen in Deutschland ein Viertel der Arbeitsplätze weg. Hennigsdorf wird Entwicklungszentrum und baut Kleinserien.

„Ich stehe für Made in Germany“. Bombardier-Aufsichtsratschef Wolfgang Tölsner bekräftigte am Donnerstag in Hennigsdorf, dass der Schienenfahrzeugkonzern weiter hierzulande produzieren wird – trotz des geplanten Stellenabbaus. Der kanadische Konzern will 70 Millionen Euro in die deutschen Standorte investieren. Die Neuausrichtung der deutschen Werke ist Teil der globalen Transformation des Bombardier- Konzerns, der Ende 2016 angekündigt hatte, weltweit 5000 von rund 40 000 Arbeitsplätzen streichen zu wollen. Die Bahnsparte des Flugzeug- und Zugherstellers hatte in den vergangenen Jahren einen Milliardenverlust verursacht. Bombardier müsse seine Wettbewerbsfähigkeit steigern, sagte Deutschland-Chef Michael Fohrer im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung. Digitalisierung und Plattformstrategien müssten zu zentralen Themen werden.

Am härtesten trifft es Görlitz

2200 Arbeitsplätze will Bombardier in den kommenden drei Jahren in Deutschland abbauen. Ein Drittel davon entfällt auf Leiharbeiter. Am härtesten trifft es den sächsischen Standort Görlitz, wo 800 der 1900 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Je nach Auftragslage sei es auch möglich, dass mehr Jobs erhalten blieben, sagte Aufsichtsratschef Tölsner. In Hennigsdorf bei Berlin sollen 400 bis 500 von aktuell rund 2300 Jobs verloren gehen. Fohrer zufolge sollen fünf der sieben deutschen Standorte (Bautzen, Kassel, Mannheim, Siegen und Hennigsdorf) zu globalen Kompetenzzentren ausgebaut werden. Hennigsdorf soll Zentrum für die Entwicklung von S- und U-Bahnen sowie von Regional- und Fernzügen bleiben, dies aber offenbar mit größerem internationalen Gewicht für den global aufgestellten Konzern. Fohrer sprach vom „Gehirn von Bombardier“.

Die Hälfte der Produktion fällt weg

Michael Wobst, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, hob hervor, dass Hennigsdorf zudem den Fahrzeugbau „in industrieller Dimension“ behalte, dies sei ein zentrales Ziel der Arbeitnehmervertreter gewesen. Die Einschnitte seien dennoch schmerzhaft. „Es bleiben knapp 50 Prozent der Arbeitsplätze in der Produktion erhalten“, sagte Wobst. Ursprünglich sei nur von zehn Prozent die Rede gewesen. Rund 800 Mitarbeiter sind derzeit in der Hennigsdorfer Produktion tätig. Auch für die Berliner Verkehrsbetriebe wolle man in Hennigsdorf Straßenbahnen produzieren, sagte Fohrer – falls man den Auftrag erhalte. Zudem würden in Hennigsdorf weiter Prototypen und Vor- sowie Kleinserien hergestellt. Zentrale Bedeutung soll auch das Service- und Wartungsgeschäft haben.

Für Ministerpräsident Woidke ist das bitter

Das Auslaufen der Großserienproduktion nannte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke „bitter“. Gleichzeitig meinte der SPD-Politiker, das Profil von Hennigsdorf als globales Kompetenzzentrum für Entwicklung „dokumentiert die hohe Bahnkompetenz in der Region, gerade auch im Bereich Wissenschaft, Forschung und Entwicklung“. Mit Bombardier, dem Landkreis Oberhavel und der Stadt Hennigsdorf sei ein „Standortentwicklungskonzept“ verabredet worden, um möglichst schnell „die Voraussetzungen für die Ansiedlung neuer Unternehmen auf den freiwerdenden Flächen zu schaffen“. Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall in Berlin, Brandenburg und Sachsen, zeigte sich mit dem Verhandlungsergebnis nach einem „fast eineinhalbjährigen harten Konflikt“ zufrieden. „Wir haben uns nichts geschenkt“, sagte er. Höbel dankte der Bombardier-Belegschaft, die für ihre Ziele gekämpft, aber auch eigene Vorschläge vorgelegt habe. Der Gewerkschafter erinnerte auch an die politische Unterstützung der Bundesregierung und der Länder Brandenburg und Sachsen. Das Ziel, alle Standorte und die Wertschöpfungskette von der Entwicklung über die Produktion bis zur Wartung in Deutschland zu halten, sei erreicht worden. Es gebe nun eine „klare Handlungsorientierung für das Management“.

Keine Kündigungen bis Ende 2019

Der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis zum 31. Dezember 2019 schaffe ein „Klima der sozialen Sicherheit“, das notwendig sei, um das Unternehmen wettbewerbsfähiger zu machen und in ruhigeres Fahrwasser zu führen. „Wir erwarten nun vom Unternehmen, dass der Transformationsprozess und die Investitionen mit ruhiger, aber entschiedener Hand vorangetrieben werden“, sagte Höbel. Bombardier strebt nun nach Auskunft von Michael Fohrer eine „Taskforce“ mit den Ländern Brandenburg und Sachsen an, um den Umbau zu bewältigen. Es gebe Gespräche mit den Landesregierungen, in beiden Ländern sollten auch Förderanträge gestellt werden. Management, Betriebsrat und IG Metall würden in den kommenden Wochen die Belegschaften an den sieben Standorten über die Pläne informieren.

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