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Wirtschaft: Auch Rüttgers zahlt für den Kohlekompromiss

Einigung auf das Ausstiegsjahr 2018 wird allerorten begrüßt / Beck hält Sockelbergbau weiter für möglich / RAG kann an die Börse

Berlin / Düsseldorf - Der Ausstieg aus der Steinkohle im Jahr 2018 ist überwiegend begrüßt worden. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zeigte sich zuversichtlich, dass bei den noch zu klärenden Finanzierungsfragen und der Gründung der Stiftung, die den Bergbau abwickeln soll, kein neuer Streit zwischen Bund und Ländern entsteht. „Ich bin sicher, dass wir diese Fragen einvernehmlich klären, wie wir es bisher auch mit allen anderen Fragen getan haben“, sagte Glos. Am Mittwochabend hatte sich, wie berichtet, der so genannte Kohlegipfel auf einen Ausstieg aus der Steinkohleförderung im Jahr 2018 geeinigt. Die Zustimmung von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hatten sich Glos und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück dadurch erkauft, dass der Bund von 2014 an allein die Subventionen für den Bergbau zahlt.

Aktuell entfallen von den rund 2,5 Milliarden Euro Kohlebeihilfen rund 550 Millionen auf NRW, den größten Teil trägt der Bund. Doch auch Rüttgers muss zahlen. Denn NRW wird sich in den Jahren bis 2010 deutlich höher an den Kohlekosten beteiligen, als bislang in der mittelfristigen Finanzplanung des Landes angesetzt. Insgesamt ist von rund 750 Millionen Euro die Rede, die Rüttgers nun zusätzlich aufbringen muss.

Rüttgers geht wie Glos davon aus, dass der Ausstiegsbeschluss auch bei der verabredeten Revision im Jahr 2012 Bestand haben wird. Er sagte mit Blick auf die ursprüngliche Forderung der SPD: „Es wird keinen Sockelbergbau geben.“ Alles in allem sei die Einigung ein großer Erfolg für NRW. SPD-Chef Kurt Beck geht dagegen davon aus, dass die Revisionsklausel für ein Überdenken des Ausstiegs eine echte Option ist. „Es ist durchaus denkbar, dass die energie- und wirtschaftspolitische Situation in fünf Jahren so ist, dass die Steinkohleförderung auch über 2018 hinaus weiterbetrieben wird.“

Eine Sprecherin des Essener RAG-Konzerns sagte, der Weg für den Börsengang sei nun frei. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Susat & Partner beziffert den Unternehmenswert der Industrieaktivitäten der RAG mit 5,4 Milliarden Euro. Der Mischkonzern, der vermutlich im April einen neuen Namen erhält, könnte die größte Neuemission an der Börse in diesem Jahr werden. Beim Börsengang sollen offenbar auch Finanzinvestoren zum Zuge kommen. Dies verlautete am Donnerstag aus Berliner Regierungskreisen. Den Angaben zufolge gehen Mitglieder der Koalition davon aus, dass eine Beteiligung von Finanzinvestoren eine erfolgreiche Privatisierung der RAG erleichtern könnte.

Konzernchef Werner Müller arbeitet seit drei Jahren daran, dem einstigen Zechenkonzern eine neue Perspektive zu geben. Als der ehemalige Bundeswirtschaftsminister im Sommer 2003 die Führung bei der RAG übernahm, fand er ein verschachteltes Konglomerat aus 450 Firmen vor. Müller begann zu entrümpeln und die profitablen Konzernsparten Chemie, Energie und Immobilien, die im Gegensatz zur Kohle weißer Bereich genannt werden, auf Börsenreife trimmen.

Beim Umbau der RAG entschloss sich Müller für einen teuren Umweg: Erst kaufte er für 3,6 Milliarden Euro die restlichen 49 Prozent an dem Düsseldorfer Spezialchemiekonzern Degussa, anschließend nahm er den einstigen Dax-Anwärter auch noch von der Börse. Jetzt nimmt Müller einen neuen Anlauf, vermutlich im Herbst. Es wird erwartet, dass es auf einen Börsengang in mehreren Tranchen hinauslaufen wird. alf/dpa/HB

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