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Wirtschaft: Auf Bärenjagd

Viele Investoren wollen beim Bonner Familienunternehmen Haribo einsteigen / Doch der Chef sagt nein

Berlin - Alle wollten Hans Riegel helfen. Kaum hatte der Haribo-Chef öffentlich über Fusionen und Kooperationen nachgedacht, da klopften schon die ersten Unternehmen beim Chef des Bonner Traditionsunternehmens an. „Wir hatten Angebote ohne Ende“, berichtet Haribo-Sprecher Marco Alfter. Unternehmensberater und Makler dienten sich dem Gummibärchenkönig an und wollten ihm bei der Partnersuche helfen. Auch einzelne kleine Firmen brachten sich ins Gespräch. Doch Hilfe dieser Art will man gar nicht in der Firmenzentrale in Bonn- Kessenich. „Haribo bleibt selbstständig“, betont Alfter.

Schon seit langem spekuliert man in der Branche über die Zukunft des Familienunternehmens. Der Chef, Hans Riegel, ist 83 Jahre alt. Sein Bruder Paul, Mitinhaber der Firma, ist gerade einmal drei Jahre jünger. Lange Zeit hatte Pauls Sohn, Hans-Jürgen Riegel, als Kronprinz gegolten. Als Frankreich-Chef des Familienunternehmens sollte der Junior zeigen, was er draufhat. Doch Anfang des Jahres kam es zum Bruch: Hans-Jürgen Riegel warf die Brocken hin – aus „privaten Gründen“, wie es bei Haribo heißt. Weil sich Onkel und Neffe nicht über die richtige Strategie einig werden konnten, munkelt man in der Branche.

Nun muss ein Neuer gefunden werden. Erste Gespräche haben bereits stattgefunden. Die Kandidatensuche übernimmt die österreichische Stiftung, in die Hans Riegel seine 50 Prozent an Haribo eingebracht hat. Die anderen 50 Prozent gehören seinem Bruder Paul, beziehungsweise seiner Paul Riegel Holding. Chancen haben angeblich Interne wie Externe, selbst Branchenfremde. Aber vielleicht findet sich ja auch noch ein Familienmitglied. Paul Riegel hat immerhin vier Kinder.

Dass er Schwierigkeiten hat, sich von seinem Lebenswerk zu lösen, gibt der Patriarch, Hans Riegel, offen zu. „Als ich aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückkam, war mein Vater tot, und ich habe mit 23 Jahren hier angefangen“, sagte Riegel in einem Interview, das er dem Tagesspiegel vor knapp einem Jahr gegeben hatte. „Jetzt habe ich die ganze Zeit immer nur dieses Unternehmen im Kopf gehabt und kann einfach nicht aufhören.“ Das merkt man dem Unternehmen an. Haribo ist auf Riegel zugeschnitten. Die Abteilungsleiter bekommen ihre Post vom Chef persönlich ausgehändigt. „Es ist gut, wenn alle ihre Meinung sagen, aber am Ende muss einer entscheiden“, schildert Riegel die Postrunde, „und dazu stelle ich mich dann schon zur Verfügung.“

Hans Riegel ist eine schillernde, unkonventionelle Figur. Seinen Hubschrauber kann er selber steuern, Badminton-Meister ist er früher gewesen, zu seinen Leidenschaften gehören die Jagd und der Karneval. Und: Der Haribo-Chef ist ein Mann der Tat. Das war er schon immer. Früher, nach dem Krieg, ist er von Bonn nach Bremen gefahren, um herauszufinden, ob Haribo auch im Norden der Republik bekannt ist. In der Fußgängerzone hatte der junge Riegel Passanten angesprochen und gefragt: „Kennen Sie Haribo?“ „Nein, ich bin auch nicht von hier“, hatten ihm Leute geantwortet. „Da wusste ich, du musst Werbung machen“, erinnert sich Riegel. Gesagt, getan. Seit 16 Jahren macht „Wetten dass ..?“-Moderator Thomas Gottschalk Werbung für Gummibärchen und Lakritzkonfekt.

Rund 1,4 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet Haribo derzeit weltweit und will weiter wachsen. Potenzial sieht Riegel vor allem im Osten Europas. Aber auch in Deutschland würde der Firmenchef gern noch zulegen. Vor zwei Jahren, berichtet Riegel, habe er mit der Firma Storck über eine Fusion beim Vertrieb gesprochen, doch Storck habe es vorgezogen, allein zu bleiben. Die Berliner Süßwarenfirma (Merci, Dickmanns, Toffifee oder Werther’s Original), äußert sich zu solchen Fragen nicht. Storck ist wie Haribo ein inhabergeführtes Familienunternehmen, das allein in Berlin mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigt. In geschäftlichen Dingen ist Storck sehr verschwiegen. Noch verschwiegener als Haribo.

„Wir suchen nicht gezielt nach einem Partner“, betont Haribo-Sprecher Alfter. Sollte man allerdings über eine Gelegenheit stolpern, könne man sich vorstellen, diese beim Schopfe zu greifen. Denn: „Wenn man den eigenen Vertrieb mit dem Vertrieb eines anderen Großen zusammenlegt, hat man ganz andere Chancen bei den Verhandlungen mit dem Handel“, erklärt Alfter. Notfalls wird Haribo aber selbst aktiv und kauft zu: „Wir haben 400 Millionen Euro in der Kriegskasse.“

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