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Wirtschaft: Auf dem Bau gibt es keine Solidarität

Der deutschen Baubranche geht es schlecht, und es wird ihr in diesem Jahr wohl noch schlechter gehen. Am ärmsten sind die ostdeutschen Unternehmen der Branche dran: Denn ihnen fehlen nicht nur die Aufträge aus der eigenen Region.

Der deutschen Baubranche geht es schlecht, und es wird ihr in diesem Jahr wohl noch schlechter gehen. Am ärmsten sind die ostdeutschen Unternehmen der Branche dran: Denn ihnen fehlen nicht nur die Aufträge aus der eigenen Region. Sie müssen fürchten, künftig auch in Westdeutschland außen vor zu bleiben. Denn die Bundesregierung will ein Gesetz verabschieden, wonach nur noch solche Unternehmen Aufträge bekommen sollen, die den Tariflohn zahlen, der vor Ort gilt. Das können sich die wenigsten der Ostunternehmen leisten. Sie werfen jetzt ihren Kollegen aus dem Westen vor, dass sie das Tariftreuegesetz gefordert haben, um die Ostdeutschen aus dem Geschäft zu drängen. Und deshalb haben sie jetzt den Westdeutschen auch die Solidarität gekündigt. Unternehmen aus den neuen Ländern wollen einen eigenen Zentralverband gründen - natürlich einen rein ostdeutschen.

Sie haben Recht, wenn sie im deutsch-deutschen Verteilungskampf das Tariftreuegesetz angreifen. Recht haben sie auch, wenn sie feststellen, dass die Tarifpolitik der Vergangenheit vor allem auf westdeutsche Verhältnisse zugeschnitten war. Nur: Braucht man dazu ausgerechnet jetzt einen Verband, der eigene tarifpolitische Forderungen aufstellt? In Ostdeutschland wird ohnehin fast nirgends mehr der Tariflohn bezahlt. Auch an den Mindestlohn auf deutschen Baustellen hält sich kaum jemand. Die Ostunternehmen sollten aufrichtig sein: Für die jetzige Krise ist jeder Tarif zu teuer. Um die nächsten Jahre zu überleben, brauchen die Bauunternehmen in den neuen Ländern keinen Ostverband, sondern die Einsicht der Politiker, dass das Tariftreuegesetz nichts taugt. Denn im Baugewerbe wird es in den nächsten Jahren keine gemeinsamen Interessen geben. Nicht nur zwischen Ostlern und Westlern. Sondern auch nicht zwischen den Großen und Kleinen im Osten, oder zwischen tarifgebundenen und ungebundenen Ostunternehmen. Dazu gibt es immer noch zu viele Unternehmen, dazu geht es der Branche zu schlecht. Ob mit oder ohne Ostverband: In den kommenden Jahren werden noch Tausende von Unternehmen vom Markt verschwinden. Im Westen wie im Osten.

Dagmar Rosenfeld

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