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Wirtschaft: Auf dem Parkett dominieren die Optimisten

Die Experten sind sich weitgehend einig: Die Kurse steigen weiter, doch die deutschen Anleger müssen mutiger werden

Berlin - Auch Banken können irren. Bei der Prognose für den Dax-Verlauf im Jahr 2006 lagen die Experten gründlich daneben. Gerade einmal drei Prozent Wachstum hatten die Banker dem Deutschen Aktienindex im Dezember 2005 binnen zwölf Monaten zugetraut. Ende 2006 hatten sie den Index im Schnitt bei knapp 5600 Punkten gesehen. Tatsächlich ist der Dax um mehr als 1000 Punkte über das Ziel hinausgeschossen. Das Plus: 22 Prozent.

Entsprechend vorsichtig sollten Anleger die aktuellen Voraussagen für das kommende Jahr bewerten. Im Durchschnitt erwarten die Aktienexperten großer Banken, dass der Dax bis Ende 2007 einen Stand von 7000 Punkten erreicht. Gemessen am heutigen Niveau entspräche dies einem Gewinn von sechs Prozent. Die Bandbreite der Prognosen ist allerdings mit einer Abweichung von mehr als 1000 Punkten groß. Während etwa das Bankhaus Julius Bär Ende 2007 einen Dax von 7500 Zählern für möglich hält, sieht HSBC Trinkaus & Burkhardt das Börsenbarometer bis auf 6450 Punkte fallen.

In einem sind sich die Auguren einig: Das Umfeld für Aktienkäufe bleibt 2007 generell positiv – obwohl die Börsen schon seit vier Jahren kräftig steigen. Die wichtigsten Gründe: die Bewertungen der Aktien sind immer noch moderat (die Kurse haben sich im Gleichschritt mit den Unternehmensgewinnen in Europa seit 2003 verdreifacht), die Ergebnisse der Unternehmen werden sich weiter verbessern (weil die Weltwirtschaft kräftig wächst), der Rentenmarkt wirft kaum Rendite ab (das Zinsniveau bleibt niedrig) und Fusionen und Übernahmen werden die Fantasie der Investoren auch 2007 anregen.

Mit Blick auf den Deutschen Aktienindex sind die Prognosen besonders optimistisch. Während die Unternehmensgewinne in den USA im kommenden Jahr nur noch im einstelligen Prozentbereich wachsen werden, trauen die Experten den exportstarken deutschen Konzernen Gewinnzuwächse von bis zu 15 Prozent zu.

Dass die Konsensmeinung über das kommende Börsenjahr derart optimistisch ist, darf die Anleger allerdings auch stutzig machen. Das sieht die Deutsche Bank ähnlich, die zwar ein rundweg positives Börsenjahr voraussagt, aber zugleich davor warnt, dass der Optimismus in zu große Sorglosigkeit umschlägt. Eine höhere Mehrwertsteuer in Deutschland, steigende Zinsen im Euroraum sowie weiter anziehende Rohstoffpreise könnten das Bild trüben, gibt der deutsche Marktführer zu bedenken.

Der belgisch-niederländische Finanzkonzern Fortis sieht das größte Risiko für 2007 in (anders als erwartet) steigenden Zinsen in den USA. Überrasche die US-Notenbank den Markt mit einer strafferen Geldpolitik, werde dies auf die Aktienmärkte negativ durchschlagen. Komme es so, wie die meisten Analysten glauben – bleiben die Zinsen also stabil – könne das Marktumfeld mit dem Etikett „Carrying on“ (weiter wie bisher) versehen werden. Risikoreichere Anlagen dürften laut Fortis im kommenden Jahr wieder besser abschneiden als risikolose – vor allem in Europa, Asien und auch noch in den USA. Dass das schon länger ventilierte Drohszenario eines kollabierenden US-Immobilienmarktes im kommenden Jahr eintritt, halten die Experten für unwahrscheinlich. Aufgrund der starken Einkommenszuwächse könnten die Amerikaner auch nach einem Ende der Immobilien- hausse ihre hohen Konsumausgaben, die die US-Wirtschaft tragen, beibehalten.

Ganz anders sieht das HSBC Trinkaus & Burkhardt: „Die Immobilienblase platzt, die US-Leitzinsen fallen auf vier Prozent und der Dax bekommt Gegenwind vom Dollar.“ Damit formulieren die Banker allerdings eine Minderheitsmeinung.

Die Weberbank sieht gerade bei europäischen Aktien Nachholbedarf. Aktuell seien sie mit dem 13,3-Fachen der Gewinne bewertet. Im langfristigen Durchschnitt liege der Wert aber bei 14,5. „Allein ein Aufholen dieses Bewertungsabschlages würde neun Prozent ausmachen“, rechnen die Experten vor. Den Deutschen Aktienindex sehen die Privatbanker in den kommenden zwölf Monaten um 5,3 Prozent auf 6950 Zähler steigen.

Um davon profitieren zu können, müssten deutsche Anleger freilich mutiger werden. Trotz zweistelliger Kursgewinne an den Börsen seit Jahresbeginn verkaufen sie nach wie vor ihre Aktienfonds. Nach Angaben des Fondsverbandes BVI wurden kurz vor dem Jahresende noch einmal knapp eine Milliarde Euro aus dieser Anlageklasse abgezogen. Der November war damit schon der vierte Minusmonat für Aktienfonds.

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