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Wirtschaft: Auf die Spitze getrieben

Rohöl und Benzin werden immer teurer – Schuld daran ist nicht nur der Irak-Konflikt

Niedrigere Öl- und Benzinpreise wird es so schnell nicht geben. Als am Freitagnachmittag der neueste Zwischenbericht der UN-Inspekteure zum Irak bekannt wurde, war der Rohstoff zwar für kurze Zeit etwas billiger. Aber die skeptische Reaktion der USA auf den Bericht bedeutete für viele Händler: Die Hängepartie geht weiter. Die Angst vor einem Irak-Krieg – und damit vor einer schlechteren Ölversorgung – bleibt. Ein Barrel (159 Liter) Rohöl der Nordseesorte Brent kostete dann auch zum Wochenende 32,53 Dollar – etwa genauso viel wie vor der Veröffentlichung des Blix-Berichts.

Auch deswegen stiegen die Benzinpreise auf neue Rekordhöhen. Unter Führung von Esso haben die Mineralölkonzerne vergangene Woche zweimal die Preise angehoben, im Schnitt stiegen die Preise um rund vier Cent pro Liter. Esso-Sprecher Karl-Heinz Schult-Bornemann verwies zur Begründung für die Preiserhöhung auf die hohen Rohölpreise und die ebenfalls hohen Preise für Ölprodukte in Rotterdam.

Die Rekordpreise haben aber auch das Bundeskartellamt auf den Plan gerufen. Die Bundesbehörde prüft nach eigenen Angaben intensiv, ob Verstöße der Unternehmen gegen das Wettbewerbsrecht vorliegen. Allerdings gebe es derzeit keine Anhaltspunkte für Preisabsprachen. Laut Kartellamt ist es häufig so, dass die Ölkonzerne kurz hintereinander die Preise steigern. Oft gingen die Preise aber auch „parallel wieder nach unten“. Dies sei nicht verwunderlich, da auf dem Benzinmarkt der Wettbewerb nicht über die Qualität des Produktes, sondern fast ausschließlich über den Preis ausgetragen werden könne. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle forderte das Kartellamt in der „Bild“-Zeitung auf, „wachsam zu sein“ und das Vorgehen genau zu prüfen. „Mit einem ,Saddam’-Zuschlag sind die skandalösen Preise nicht zu rechtfertigen, der Gleichschritt der Konzerne ist auffällig.“

An Öl fehlt es nicht

Der Ölpreis wird das Benzin jedenfalls nicht so bald billiger machen. Rainer Wiek vom Energieinformationsdienst sagte dem Tagesspiegel: „Selbst bei einer Lösung der Irak-Frage wird der hohe Preis nicht schnell, sondern eher langfristig abschmelzen.“ Auch in den kommenden Wochen sei in jedem Fall mit einem Ölpreis von mehr als 30 Dollar zu rechnen. Nur rund vier Prozent von 150 befragten Experten rechnen für das erste Halbjahr 2003 mit sinkenden Rohölpreisen, ergab eine Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung.

Die Ursache für das hohe Niveau sei aber nicht ein zu niedriges Angebot, sondern allein die anhaltende Verunsicherung, sagte Wiek. „Wir reden nicht von einer Ölkrise, sondern allein von einer Ölpreiskrise.“ Denn ein guter Teil des aktuellen Ölpreises ist allein psychologisch bedingt. Ein großer Teil der Ölkontrakte für die kommenden Monate – so genannte Futures – werden rein spekulativ gehandelt, sagt Esso-Sprecher Schult-Bornemann. „Die gehen heute in Kakao, morgen in Schweinehälften und übermorgen wieder in Öl.“ Dass die Spekulationsblase auch schnell platzen kann, zeigen die Erfahrungen von 1991. Am 17. Januar, nach der Zerschlagung der irakischen Luftwaffe durch die Alliierten, fiel der Preis für Rohöl an den Terminmärkten innerhalb von 24 Stunden von mehr als 40 Dollar auf 21 Dollar.

Autofahrer und Besitzer von Ölheizungen werden zurzeit von zwei Seiten in die Zange genommen. Denn Diesel und Benzin wurden in den vergangenen Wochen nicht allein deshalb teurer, weil der Rohstoff Öl mehr kostete. Die europäischen Verbraucher müssen auch für eine verfehlte Produktionspolitik der amerikanischen Raffinerien büßen. Die USA kaufen zurzeit rege auf den europäischen Märkten Rohöl und Ölprodukte ein. „Besonders gefragt sind dabei Mitteldestillate wie Diesel und Heizöl“, sagte Wiek. Die US-Raffinerien stellen bereits vorwiegend Sommerprodukte wie Benzin her und sind mit der großen Nachfrage nach Heizöl, die wegen des überraschend kalten Wetters zurzeit in den USA herrscht, überfordert. Außerdem seien die US-Ölvorräte im Moment ungewöhnlich niedrig.

Dass es in den großen Industriestaaten bald zu einer Unterbrechung der Ölversorgung kommt, ist unwahrscheinlich. Die Internationale Energieagentur in Paris verwaltet für ihre Mitgliedstaaten wie Deutschland, die USA und Japan Ölreserven von rund vier Milliarden Barrel. Damit könnte der Ölexport des Irak spielend ausgeglichen werden. Das Land liefert gerade einmal zwischen ein und zwei Millionen Barrel pro Tag.

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