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Wirtschaft: Auf die Verpackung kommt es an

Französische Analysten schwärmen für Glas-, Dosen- und KartonherstellerVON STEFAN VON BORSTEL (hb)Beim Anblick von Glasampullen, PET-Flaschen, Faltschachteln und Getränkedosen schlagen die Herzen von Basak Kotler und Hubert de Marliave höher.Die beiden Analysten der französischen Investmentbank Paribas haben die Chancen europäischer Verpackungshersteller untersucht und sind fündig geworden.

Französische Analysten schwärmen für Glas-, Dosen- und KartonherstellerVON STEFAN VON BORSTEL (hb)Beim Anblick von Glasampullen, PET-Flaschen, Faltschachteln und Getränkedosen schlagen die Herzen von Basak Kotler und Hubert de Marliave höher.Die beiden Analysten der französischen Investmentbank Paribas haben die Chancen europäischer Verpackungshersteller untersucht und sind fündig geworden.Die Aktien seien zu 40 Prozent unterbewertet, schreiben sie in ihrer Analyse und empfehlen: Kaufen.Die Investoren hätten die vergleichsweise kleinen aber aussichtsreichen Firmen auf dem Kurszettel wohl bislang übersehen. Tatsächlich finden sich unter den Kaufempfehlungen der Franzosen so exotische Namen wie der österreichische Kartonkönig Mayr-Melnhof, der niederländische Faßproduzent Van Leer und die schwedische PLM.Mit dabei sind aber auch die Viag-Töchter Gerresheimer Glas und Schmalbach-Lubeca, denen Paribas kräftige Kursanstiege in den nächsten sechs bis zwölf Monaten zutraut.Nur der holländische Verpacker KNP wird ausgenommen. Die rosigen Aussichten für die Verpackungskandidaten begründet Paribas mit der Konsolidierung in der zersplitterten Branche, die auch 1998 anhalten dürfte.Profitieren dürften davon vor allem die Riesen der Minibranche.So ist Van Leer Weltmarktführer bei Stahlfässern und Schmalbach Lubeca bei PET-Flaschen, wenn auch nur mit einem Marktanteil von 15 Prozent.Mayr-Melnhof kontrolliert 30 Prozent des Kartonmarktes in Europa, und Gerresheimer Glas ist mit einem Anteil von 35 Prozent Marktführer in Deutschland.Und die Zukunft gehört der Paribas-Studie zufolge den Großen.Denn nur sie haben genug Geld für die immer wichtiger werdende Forschung und Innovation.Schließlich werden die Anforderungen an die Verpackungen immer größer."Für Getränkehersteller ist die Verpackung auch ein Werbeargument", schreiben die Paribas-Analysten in ihrer Studie.Europaweite Präsenz wird verlangt. So forscht Mayr-Melnhof über das Recycling von Altverpackungen, entwickelt PLM wiederverwertbare PET-Flaschen, hat sich Van Leer erfolgreich auf Stahlfässer konzentriert und heimst nun Großaufträge von Chemieriesen wie Dow Chemical und Bayer ein.Nur kleine Verpackungsgiganten haben die Mittel, europaweit Werke aufzubauen und so flächendeckend Kunden zu bedienen und lukrative Großaufträge an Land zu ziehen.Wer in Europa etwa Cornflakes oder Zigaretten verkaufen will, braucht dafür nur einen Karton von einem Hersteller, der aber an vielen Orten in Europa präsent sein muß.Van Leer und Mayr-Melnhof, lobt Paribas, hätten die Einkaufsstrategie der Konzerne verinnerlicht und expandierten.Und schließlich haben auch nur die Stärksten die Kraft für ein Engagement in Osteuropa, wo die Experten ein großes Wachstumspotential wittern.Denn im Vergleich zu Westeuropa wird dort zu wenig verpackt und aus Dosen oder PET-Flaschen getrunken. Das Fazit der Paribas-Studie "Übergewichten" können Analysten von Investmentbanken in Deutschland allerdings nicht nachvollziehen, zumindest was die beiden deutschen Werte Gerresheimer Glas und Schmalbach-Lubeca angeht.Einhellig loben die Analysten zwar die Konzentration Schmalbach-Lubecas auf nur noch drei Bereiche PET-Flaschen, Getränkedosen und Spezialverschlüsse.Doch sei Schmalbachs Position als Weltmarktführer bei PET nicht unangefochten, so Christiane Nestroy von Vereinsbank Research in München.Auch die Perspektive für Engagements in Osteuropa sieht die Vereinsbankerin etwas zurückhaltender.Der Konsum in Osteuropa nehme zwar zu, doch "bevor das in den Bilanzen sichtbar wird, dauert es noch zehn Jahre". Rochus Brauneiser von der LGT Bank hat die Schmalbach-Aktie lediglich auf "Halten" gestuft."Es fragt sich, wie es bei PET weitergeht", sagt Brauneisen.In der größten Wachstumsregion Asien sei mit einer Nachfragedämpfung zu rechnen.Sorgen bereitet ihm aber vor allem das Beispiel Coca-Cola.Der größte Softdrinkhersteller der Welt hat seine Produktion so umgestellt, daß die Plastikflaschen als Rohling angeliefert werden und erst bei der Getränkeproduktion aufgeblasen werden.Damit wird die Lieferung von PET-Flaschen überflüssig. Skeptisch beobachten Analysten auch Gerresheimer Glas.1997 mußte der Hersteller einen Gewinneinbruch hinnehmen.Eine Erholung ist nicht in Sicht."Das Behälterglas ist das Sorgenkind", sagt Kathrin Spanek von der Bankgesellschaft Berlin.Des einen Freud, des anderen Leid: Nicht zuletzt leidet die Viag-Tochter, so Thierry Boutin vom WestLB Research, unter der Substitution von Glas zu PET.Und bei PET ist, wie gesagt, die Schwester Schmalbach-Lubeca Weltmarktführer.

STEFAN VON BORSTEL (hb)

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